REZENSION: Hass und Hoffnung

Rezension „Hass und Hoffnung“

„Wenn der Boden der Demokratie nur noch Schwemmsand ist“

 Markus Metz und Georg Seeßlen haben das Buch „Haß und Hoffnung: Deutschland, Europa und die Flüchtlinge“ im Zorn geschrieben. Das Buch macht gleich am Anfang den Eindruck, dass die Autoren den Schnittpunkt der Meinungsvielfalt getroffen haben. Der Schnittpunkt der Meinungsvielfalt ist der Punkt, an dem sich die Anhänger unterschiedlicher Meinungen gemeinsam angesprochen fühlen. Das reicht von der Fremdenangst über die unbehagliche Empfindung des Zerfalls der Demokratie bis zur Angst vor den daraus frei werdenden Gewalttendenzen. Metz und Seeßler schreiben daher:

„Wir behaupten nicht weniger als dass die demokratische, aufgeklärte, liberale Zivilgesellschaft in Europa – oder was von ihr noch übrig ist – in höchster Gefahr ist. Und das sie nicht anders zu retten ist als dadurch, dass man diese Gefahr erkennt.“

Die Autoren gehen im Vergleich zu anderen nicht so weit, von einem neuen Faschismus zu sprechen. Aber sie warnen davor. Für sie ist Europa zunächst noch ein „postdemokratisches, neoliberales Kuddelmuddel nationaler und oligopolitistischen Interessen.“ Das Volk im Sinne von „die Gesellschaft“ hat zunächst mal keine nationalen Interessen. Wenn aber doch, so beschränkt sich ihre Nationalität auf Heim, Konto, Arbeit, Urlaub und ein bisschen was für ein behagliches Leben sowie eine Altersabsicherung. Dies ist vorbei, und darum scheint es Menschen aus unterschiedlichen oder allen Arbeitswelten, Lebenswelten und Bildungswelten so, als mache Europa eine Entwicklung durch, welche selbst nicht weiß, wohin sie will, aber bereits angsteinflößend ist. Dem Buch fehlt auch kein Hinweis darauf, dass ja irgendwem dieses Spielen mit den diffusen Ängsten nützen muss. Daher nennen sie das Angstgefühl einen „inszenierten Notstand“. Das heißt: Es gib gar kein Problem. Warum also werden welche gemacht? Und dies derzeit in Bezug auf Asylsuchende, die nicht das Problem sind, sondern ein drastischer Ausdruck für die Folgen von Waffenhandel, Rohstoffausbeutung, Umweltzerstörung, Bürgerkriegen, Stammeskriegen und sogenannten Antiterrorkriegen. Von Notstand zu reden ist nicht falsch, aber es ist verlogen, wenn es die politischen und behördlichen Akteure tun, die diesen Notstand durch Untätigkeit oder ungeeignetes Tätigwerden erst willentlich herbeigeführt haben. Schade ist bloß, dass die Autoren bisweilen dem wissenschaftlichen Stil des Namennennens verfallen, wenn es um Wissenschaftler geht, mit deren Texte man üblicherweise nur dann Berührung hat, wenn man selbst ein paar Jahre studiert. Da könnte das Buch womöglich ein paar Leser ausgrenzen, für die es eigentlich geschrieben sein sollte.

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