FEUILLETON-ZEITGEIST: „Terrorthomas, NATO-Gipfel und BND-Gesetz“

Feuilleton-Zeitgeist

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„Terrorthomas, NATO-Gipfel und BND-Gesetz“

 Kein Vorbild für Friedensverantwortung in Sicht

Unter den Staatschefs, Regierungschef, Außenpolitikern, Sicherheitspolitikerngibt es derzeit vom Atlantik bis zum Ural und vom Nordkap bis zum Mittelmeer keinen, der als verantwortungsvoller besonnener Friedenswahrer vorbildhaft wäre. Nicht einmal Außenminister Frank-Walter Steinmeier, obwohl der den NATO-Heißspornen „Säbelrasseln“ gegenüber Moskau vorwarf.

In dieser Flugblatt-Ausgabe führt zur Zeit eine fünfspurige Bibliographie vom „Terroristen als Gesetzgeber“ (Heribert Prantl, 2008) über den „Grundrechtereport 2016“ bis hin zu den Texten des Anti-Terror-Gesetzes und des BND-Gesetzes mit der Krönung durch das Weißbuch der Bundeswehr 2016 zu einer Beschreibung ungemütlicher Vorahnungen bezüglich der Fortdauer eines Friedens ohne Mord und Zerstörung durch zwischenstaatliche Kriege, vermischte Kriege, Antiterrorkriege oder einfach nur durch Bandenkriege.

Der NATO-Gipfel: 139 Kriegstöne.

Die NATO ist die Verteidigungsbeauftragte der westlichen Wertegemeinschaft. Das Bündnis ist ein militärischer und politischer Rahmen, in welchem die Mitglieder ihren selbstgestellten Missionen nachgehen. Die selbstgestellten Missionen heißen: kollektive Sicherheit und Verteidigung der Bündnismitglieder gegen äußere Bedrohungen, Angriffe und Gefährdungen der sogenannten „Wertegemeinschaft“. Wertegemeinschaft ist ein schwammiger Begriff zur moralischen  Schmückung der westlichen Demokratien gegenüber repressiven und diktatorischen Geschäftspartnern und Profitkomplizen und den Geschäftspartnern und Profitkomplizen der zwischen Repression und Diktatur liegenden Nationalstaaten in einer Art Grauzone, bei der nicht klar ersichtlich ist, wohin der Staat tendiert.

Ungefähr seit dem Krieg in Syrien und besonders seit dem russisch-ukrainischen Krieg befindet sich die NATO zumindest in Teilen ständig in Manöverlage. Allein im Juli 2016 führte die NATO vier Manöver in Estland, den Niederlanden und Polen durchgeführt. Für September sind noch einmal neun Manöver in Bulgarien, Frankreich, Italien, Deutschland , Belgien , Kosovo, Lettland, Spanien und – jedenfalls laut Plan noch, trotz Erdogans unheimlicher innerer Operationen zum Machterhalt – in der Türkei.

Das offizielle Abschlußerklärung der NATO über ihr Gipfeltreffen in Warschau erfolgte nach dem NATO-Manöver „Anakonda“ im Baltikum unmittelbar vor Russlands Grenzen. Unabhängig davon, was die NATO-Führung und die jeweiligen Militärstäbe der beteiligten Staaten über die Manöveraufgaben und die Manöverauswertung dachten, beginnt die Abschlusserklärung in bekannter rhetorischer Tradition mit der Betonung ihrer Rolle in einem System kollektiver Sicherheit. Die Wahrung der Werte, die Achtung des Völkerrechts und das Zusammenleben der Völker und Staaten in Frieden und Freiheit will sich die NATO weiterhin auf die Fahnen schreiben. Ein Jammer bloß, meint sie, dass Kritiker nicht erkennen, an welche verschlimmerten Bedingungen sie ihr Wirken anpassen muss. das geht so ungefähr von Punkt 1 bis 9. Dann lässt die NATO die Katze aus dem Sack. Die Katze ist der mauzende Ankläger, welcher der Öffentlichkeit sagt, wen die klageführende NATO als Haupttäter hinter Terrorismus, Instabilität und Schwächung der Demokratien sieht: Russland ist’s. wer hätte das gedacht? Russland hat nämlich die NATO-Manöver vor der eigenen Haustür mit Flugzeugen beobachtet, weil man von oben einen besseren Überblick hat. Darf man aber nicht, sagt die NATO. Wörtlich sagt sie:

„Rußlands jüngste Aktivitäten und politische Schritte haben die Stabilität und die Sicherheit verringert. Die Unvorhersagbarkeit hat sich vergrößert und die ganze Sicherheitslandschaft verändert. Während die NATO zu ihren Verpflichtungen steht, hat Russland alle Werte, Prinzipien und Verpflichtungen gebrochen, die die NATO-Russland-Partnerschaft ausmachen. Die Entscheidungen, die wir getroffen haben, stimmen vollkommen mit unseren internationalen Verpflichtungen überein. Daher kann niemand unsere Entscheidungen als Widerspruch zu den Grundlagen der NATO mit Russland betrachten.“

– und zwar nicht einmal dann, wenn es permanente Verstöße der NATO gegen Vereinbarungen gibt. 1990 mit dem Ende der Blockkonfrontation und der deutschen Einheit verpflichtete sich „Der Westen“ gegenüber Russland, dass es keine NATO-Osterweiterung geben werde. Sie ist durch die Mitgliedschaft des Baltikums und Polens vollzogen. Aber nach NATO-Lesart entspricht die Osterweiterung genau dem Geist des Osterweiterungsverbotes. Damit sind Punkt 9 und 10 durch. In Punkt 17 heißt es noch einmal ausdrücklich:

„Rußland trägt die alleinige Verantwortung für die ernsthafte Verschlechterung der Menschenrechtslage auf der Krim“

dass aber insbesondere Amerika eine Destaniliserungstaktik mit dem Namen Special Forces unconventionell warfare“ (unkoventionelle Kriegsführung von Spezialkräften) interessiert die Rechthaber der NATO nicht.

Bis zum Punkt 25 zieht sich die Verdammung Russlands hin. Dem Land wird überhaupt keine Option gelassen außer der, das zu tun, was die NATO sagt. Wenn „hybrider Krieg“ sich als „unkenntliche Vermischung verschiedener Gewaltformen zu dem gleichen Zweck wie herkömmliche Kriege“, dann ist die NATO-Abschlusserklärung eine Kriegserklärung an Russland und eine Warnung an alle anderen. So kann man nicht in den internationalen Beziehungen herumrüpeln.

 Terrorthomas und BND-Gesetz

Bestimmt wird der schießende Mörder von Münchens Einkaufszentrun am Olympiastadion nachträglich als Bestätigung für die Richtigkeit des Antiterrorgesetzes betrachtet, welches die Bürgerrechtsgruppe „Digital Courage“ nutze, um Innenminister Thomas de Maiziere den Spitznamen „Antiterrorthomas“ zu verpassen. Bei diesem Gesetzentwurf scheint die personelle Aufstockung von Verfassungsschutz, Bundespolizei und des Bundesdatenschutzes interessant. Der Verfassungsschutz soll 2,9 Millionen Euro pro Jaht bekommen, die Bundespolizei 1,4 und die Datenschützer, die sich mit dem Schutz der zusätzlichen Datenberge vor amtlichem Missbrauch befassen müssen, bekommen lediglich 350.000. Das ist eine klare Verteilung von Prioritäten. Beim BND ist es ähnlich. 12 neue Dienststellungen sollen entstehen, un alle Planstellen zusammen kosten pro Jahr 1,6 Millionen. 8 Planstellen sind für die Führungsebene des höheren Dienstes vorgesehen, 3 kommen in den gehobenen Dienst und 1 Staatsdiener kommt in den mittleren Dienst. Das hört sich an, als ob der Eine schnell zu identifizieren wäre. Bundesgerichtshof und Generalbundesanwaltschaft bekommen ihre neuen Planstellen – 9 für den höheren Dienst, eine für den gehobenen Dienst – auch nach dem BND-Gesetz für jährlich 1,5 Millionen Euro. Warum Gericht und Anwaltschaft vom Auslandsnachrichtendienst bezahlt werden sollen, ist irgendwie unergründlich. In den Hintern gekniffen sind jetzt die Telekommunikationsanbieter, die per Gesetz zum aktiven Mitlauscher in der weltweiten Kommunikation und deren inländischen Endstellen dienstverpflichtet sind.

Zum Abschluss: Das Weißbuch der Bundeswehr

Das Harmloseste, was man über das Buch sagen kann, ist die Tatsache, dass es erschienen ist und beim Verteidigungsministerium geordert werden kann. Wer so unverblümt seine Ambitionen äußert, muss sich sehr sicher sein, dass Widersprüche und Einwände nichts mehr ausrichten werden. Wenn die NATO voll auf hybride Kriegsführung setzt und die deutschen inländischen Dienste in Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerdiensten ihren Teil leisten, um die geplanten Kriege verdeckt zu halten, muss die Bundeswehr dabei sein. Und das alles lässt die Deutung zu, das sehr Übles im Gange ist.

Anmerkungen bitte per Mail an hannes.nagel@das-flugblatt.de

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