Apropos Kreativität statt Kapital

Planeten lassen sich lediglich von den Gestzen der Gravitation vorschreiben, wie sie ihre Bahnen zu ziehen haben. Denker von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden lassen ihre Gedanken jedoch in die vorgegebenen Spuren von Schmalspurgleisen zwängen. Keiner wagt, die Gleise zu verlassen, und zwar aus Angst vor der Entgleisung.

Das Denken über die gesellschaftlichen Zusammenhänge von Wirtschaft, sozialer Sicherheit, Gesundheit, Frieden und lebensbejaende Umweltbedingungen folgte bis zum derzeitigen Gipfel der Finanzkrise immer den Vorgaben, die die fütternde Hand den denkenden Köpfen machte. Aber auf einmal sagen manche von denen: „Genug ist genug. Mir reichts. Ich habe die Nase voll von all den Piesepampeln, Freiheitsheuchlern, Wohlstandsaposteln und erbärmlichen Kapitalistenknechten. Ich halte an„. Schon stoppt die Bahn in ihrem Gleise. Der Fahrer steigt aus. In treibt das Thema, „Was nach dem Kapitalismus kommt„. Der Fahrer heißt Klaus Schwab, hat das Weltwirtschaftsforum von Davos erfunden, und meint in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung vom 11. April 2012, dass das Kapitals von Morgen Talent heißen werde und die Wirtschaftsordnung Talentismus statt Kapitalsimus. Im Kapitalismus hat das Kapital das Handwerk ersetzt, im Talentismus wird menschliches Talent das Kapital ablösen.

Darauf freuen sich heute schon hungernde Genies und darbende Talente, also alle derzeit noch brotlose Kreative. Wenn Unternehmer auch in künstlerischen und querdenkerischen Leistungen immer noch einen Cent entdeckt und noch einen, so dass sich die Cents zu dicken Talern summieren, dann wird, wenn Schwab sich nicht irrt, das Ende der kreativen Hungerleiderei erreicht sein, weil plötzlich auch abwegige Gedanken gebraucht werden. Die Sache hat jedoch ein Aber: die Straßenbahn steht noch in ihren Gleisen. Und der Fahrer kann jederzeit wieder einsteigen. Und der Trott kann weitergehen. Und darum beende ich diesen Beitrag mit einem Textzitat von Bertolt Brecht:

Der Regen kann nicht nach aufwärts

weil er‘s plötzlich gut mit uns meint

was er kann, das ist: er kann aufhörn

Nämlich dann, wenn die Sonne scheint„

(aus: Lied vom Klassenfeind)

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