Rezension “Waffenhandel”

847 Seiten hat der Journalist und Buchautor Andrew Feinstein gebraucht, um ein Buch über den internationalen Waffenhandel zu schreiben. Er meint selbst, das die Fülle an Fakten trotzdem nicht ausreicht, um wirklich zu begreifen, was und wie es beim Waffenhandel zugeht. Sein Buch ist sozusagen nur ein Einstieg in das Thema „Waffenhandel„ und könnte zugleich als Lehrbuch an Universitäten für das Proseminar „Einführung in das Studium des Waffenhandels„ dienen.

Denn was Feinstein beschreibt, funktioniert ähnlich auch im Großhandel, im Außenhandel, bei der Ausbildung zum Medienkaufmann oder zum Immobilienhändler. Zwischen den vergleichsweise normalen Handelsbereichen und dem Waffenhandel gibt es nur einen Unterschied: Er muss verdeckt ablaufen. Verdeckt vor der Öffentlichkeit, verdeckt vor denen, auf die die Waffen später gerichtet werden sollen. Ansonsten ist der Waffenhandel ein Wirtschaftszweig wie jeder andere, nur ein bisschen krimineller als andere und ein bisschen größer organisiert und die Beteiligten haben meist niemanden mehr über sich, weil Staatschefs und Regierungschefs einfach niemanden mehr über sich haben – Demokratie hin, Pressefreiheit her. Dennoch muss man Feinstein zustimmen, das mehr Wissen über die verdeckten Abläufe und Zusammenhänge nottut. Hierzu fällt einem recht schnell Julian Assange von Wikilieaks ein. Julian Assanges Theorie des Weltfriedens durch gleichzeitige und vollständige Transparenz steckt noch in den Kinderschuhen. Darum gehört er geistig und materiell unterstützt. Was will man sonst machen, wenn es bei den Waffenhändlern Leute mit der Frechheit gibt, den Verteidigungsminister eines Landes im Beisein des für Antikorruption zuständigen Generalstaatsanwaltes siebeneinhalb Millionen Dollar als kleines Dankeschön für ein Endnutzerzertifikat oder eine Ausfuhrbescheinigung auf den Tisch zu legen? In bar? Und der Staatsanwalt geht auch nicht leer aus. Der autor erwähnt in Form einer Anekdote einen möglichen Weg zur Verhinderung des Waffenhandels, und der geht ausgerechnet über die Korruption, die ihn erst ermöglicht. Man muss die Höhe der Schmiergelder und Provisionen, die Teil der Gesamtkosten von Rüstungsprojekten und Lieferungen sind, derartig exorbitant in die Höhe treiben, das für die eigentliche Produktion von bunkerbrechenden Waffen, Drohnen, die wie Touristen in fremden Ländern spazieren gehen und dort morden, Raketen, Atombomben, Technischem Wissen und immer wieder Panzer und Flugzeugen kein Geld mehr da ist.

Den internationalen Waffenhandel begreift man nicht mit dem Fachwissen von Politikwissenschaft, Geschichte, Philosophie, Friedensforschung und Ethik. Erst wenn man den Waffenhandel mit dem Wissen der ehrbaren Volkswirtschaftslehre und dann mit dem Wissen über organisierte Kriminalität betrachten kann, (dazu muss man dieses Wissen erst einmal haben), dann versteht man die Organigramme der Waffenhändler und ihr Bestreben, die Geschäfte scheinbar rechtlich korrekt abzuwickeln, als ginge es um den Bau einer Schweinemastanlage oder eines Offshore-Windparkes.

Ebenso wie die seriösen Wirtschaftszweige besinnt sich übrigens auch der Waffenhandel auf den Rechtsweg, wenn er zum Beispiel einen Staat auf Schadensersatz verklagt, weil dessen Strafverfolgungsbehörden einen 30-Millionen-Deal (Übrigens: Bei 6 Prozent Provision verdient der Waffenmakler 1,8 Millionen. Man kann das durchaus als Jahreseinkommen betrachten. Wollen wir noch über Steuern reden? Müssen wir nicht? Na gut, dann lassen wir das). Mindestens drei Beispiele für klagende Rüstungsdealer erwähnt Feinstein. Es sind Deutsche darunter.

Gegen die in diesem Buch vorgestellten kriminellen Kaliber sind solche Leute wie George Bush jr., Richard Cheney, Donald Rumsfeld und Anaconda Rice Stümper aus der untersten Liga.

 

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