Hannes Nagel
Samstag, 8.September 2012
Planspiele – damit das X kein U wird
Ohne Fachwissen kann keiner die Politikmaschine bedienen. Denn sie besteht nicht nur aus den Hebeln der Macht, sondern auch aus der Transmission zu den Rädern, die die Gesellschaft voran bringen. Zur Zeit fehlen kompetente Maschinisten an der Transmission zwischen Macht und Gesellschaft, denn die Kompetenz wurde schon seit Jahren nicht mehr gelehrt, trainiert und angewendet. Viele Anbieter von Weiterbildungen entwickeln Palnspiele, wie Spielehersteller fürr Computergames. Die Agentur Planpolitik war der erste Anbieter, den Das Flugblatt kennenlernte.
Wenn Stabsoffiziere Siegen lernen sollen, stellen sie historische Kriegshandlungen am Sandkasten nach. Dann halten sie alle Bedingungen ein, wie sie real herrschten, nur die, die sie für die Lösung der Aufgabe halten, ändern sie. Und dann simulieren sie, ob der Hund den Hasen gefangen HÄTTE, wenn er nicht GEDRÜCKT hätte. Ziel ist es, die Ursachen der eigenen Niederlagen zu ergründen, um es im nächsten Krieg besser zu machen. Das nennt man Planspiel.
Wenn ein Fluss begradigt, ausgebaut oder umgeleitet werden soll, empfiehlt sich ein Planspiel zur Abschätzung der Folgen für das Hochwasser, Trinkwasser, Abwasser und Grundwasser. Das ist kein Planspiel, sondern eine Folgenabschätzung. Wenn die EU überlegt, ob Griechenland aus dem Euro raus soll, macht sie Planspiele, wie man das mit welchen Folgen machen kann oder ob es besser ist, damit noch zu warten.
Planspiele finden auch statt, wenn ein Unternehmen eine Vermarktungsstrategie erproben will, bevor sie in der Praxis auf Menschheit losgelassen wird. Planspiel, Rollenspiel, Simulation, Szenario sind nah bei einander.
Die Berliner Agentur „Planpolitik“ (www.planpolitik.de) hat nach eigenen Angaben über 70 Rollenspiele entwickelt. Im September unterwies sie Lehrer in der Kunst, Planspiele für für anders unverständlich bleibende politische Themen zu entwickeln. Planspiele als didaktische Methode haben etwas Faszinierendes. Man muss nicht selbst politische Erfahrungen machen, um selber zu erleben, was es bedeutet, ein politisches Vorhaben umzusetzen. Im Prinzip kann mit der Methode Planspiel jedes politische Thema erfahrbar machen – von Gesundheitsreform, Auslandseinsatz der Bundeswehr (vulgo: Krieg ) Rettungsschirme für Banken, Arbeitsmarkt und Rente, NPD-Verbot bis hin zur Wahl der Stadtverordnetenversammlung von Schillersdorf-Goethehagen. Dazu braucht man nur einen szenischen Plan, Plan wie Bauplan, Stadtplan, Liniennetzplan. Im Idealfall passiert beim Spiel folgendes:
Erstens: Wer miteinander redet, lernt die Interessen des andern kennen
Zweitens: Wer unterschiedliche Interessen kennt, hört unterschiedliche Argumente
Drittens: Wer in kurzer Zeit von vielen Leuten viele Argumente hört, kann sich selbst nicht wichtiger als andere nehmen
Viertens: Wer sich selbst nicht wichtiger als den anderen nimmt, entwickelt ein tiefes Verständnis für das Gemeinwohl
Fünftens: Wer an das Gemeinwohl denkt, entschärft Konflikte
Sechstens: Wer Konflikte entschärft, LÖST Probleme, statt sie nur zur ZERSCHLAGEN.
Planspiele können also:
Erstens: Die Aufmerksamkeit schulen
Zweitens: Die Tugend des Zuhörens pflegen
Drittens: zu einem Aufmerksamen Zeitungsleser machen
Viertens: Zu einem gründlicheren Zeitungsschreiber machen
Die Punkte 3 und 4 beziehen sich auf den Fall, dass man in der Zeitung eine Bericht über genau den politischen Vorgang liest, den man sich gerade durch ein Planspiel verdeutlicht hat. Punkt 4 bezieht sich darauf, dass sich ein Journalist viel besser auf die wirklich wichtigen Fragen zu dem politischen Vorgang vorbereiten kann, wenn er solche Situationen aus Planspielen kennt und dort möglicherweise mal die Rolle gespielt hat wie der, den er jetzt realiter befragen soll.
Zumindest kann der Gleichstand des politischen Wissens und des politischen Interesses von Schülern und Erwachsenen auf der Bürgerseite und der politischen Klasse auf der anderen Seite eine politische Angelegenheit nicht als X aussehen lassen, wenn sie ein U ist.,