Helene Musfedder: Pour Le Profit Kapitel (1)

Helene Musfedder

Pour Le Profit“

Ein Fortsetzungskrimi ohne Tote, aber mit viel krimineller Energie. Ähnlichkeiten sind eigentlich unmöglich, und wenn doch, rein zufällig.

*Kapitel 1

Schlecht gelaunt saß Julius Brannak am Küchentisch. „5 Waagerecht: Amtierender UNO-Generalsekretär: Kofi Annan. So ein Quatsch, der heißt inzwischen Bang Ki Moon.“, brummelte er vor sich hin. Die übrigen Seiten des „Seetang-Merkurs“ waren auch nicht besser. Jedenfalls besserte sich die schlechte Laune von Julius Brannak nicht. Sie dauerte auch schon eine Weile. Seit Wochen schon schmeckte sogar der Tankstellenkaffee besser als sein frischgebrühter zu Hause. Sogar eine pappige Bockwurst mit Brötchen schmeckte besser als eine Stulle mit Käse oder Wurst. Wurst hinterließ auf der Zunge einen Geschmack wie früher die 4,5 Volt Flachbatterien, wenn man mit der Zunge beide Pole berührte, um zu prüfen, ob sie noch genug Saft hatte. Selbst ein Bier schmeckte nicht mehr wie ein Bier schmecken sollte. Es hinterließ im Abgang einen Geschmack wie säuerliche Milch. Da musste man ja schlechte Laune bekommen, und dann meldete auch noch der Seetang-Merkur, Forscher wollten den Hopfen gentechnisch verändern, damit das Bier im Glase möglichst blumig schäumte. Eine Sauerei, fand Julius Brannak und ging zu Netto, um sich fürs Wochenende Stier-Bier und eine Flasche Müller-Supergau zu kaufen. Das Zeug hießt zwar Thurgau, aber Julius Brannak erlaubte sich gerne mal einen Kalauer – irgendwie musste man ja mit den Umständen klar kommen. Und Kalauern ist hierzu eine geistvolle Art. Als Julius Brannak Netto verließ, lud neben ihm auf dem Parkplatz Frau Dr. Kasta Nienbaum ihre Einkäufe in den Kofferraum ihres Autos. Bier hatte sie nicht gekauft, aber Rotwein und Mineralwasser sowie Klopapier und Küchenrollen. „Muss mich um die Lütten kümmern“, gestand Kasta Nienbaum. Die Lütten waren die Kätzchen, Welpen und Waschbärbabies, die Kasta Nienbaum in der Auffangstation betreute. „Wenn die erst mal für den Nationalpark lebenskräftig sind…“. Sie beendete den Satz nicht, weil Julius Brannak ergänzte: „Um darin zu überleben, muss man tatsächlich lebenskräftig sein. Das geht den Menschen wie den Leuten. Und den Waschbären erst recht.“ Forschend schaute Kasta Nienbaum in Julius Brannaks nachdenkliches Gesicht. Dann sagte sie unvermittelt: „Weiß gar nicht, wie lange es die Station noch gibt. Wird ja überall gespart.“ „Und immer am Nötigen, damit man Mittel für das Unnötige frei kriegt.“ Julius Brannaks schlechte Laune wurde an diesem Tag nicht besser.

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