APROPOSIA: Von der Zerissenheit

APROPOSIA

 Am 06. Januar überfielen Bewaffnete die Redaktion der pariser Satirezeitung Charly Ebdo und töteten mehrere Redakteure und Karikaturisten. Am 09. Januar war der 125. Geburtstag von Kurt Tucholsky. Am 10. Januar meldete N-TV, dass die Deppen von Pegida jetzt als gemeinütziger Verein werden wollen. Und fast jede Neinungsäußerung kann als Unterstützung der jeweils anderen Seite fehlinterpretiert werden.

 Von der Zerissenheit

Moderatorin: „Guten Abend, erlauchte Runde, falls ich das heute noch unbefangen so sagen darf. Ich möchte mit Ihnen heute über das Thema politischer Rollentausch sprechen. Bei uns zu Gast ist heute ein Gemüsehändler, den uns der Geist seines Schöpfer-Großvadders Tucholsky empfohlen hat.“

Gemüsehändler: „Wie Sie mich hier sehen, will ich diesmal kein Opfer einer Parteizerissenheit werden, sondern Sie das besonders behutsam, aber deutlich, erklären.“

Moderatorin: „Okay, Sie haben das Wort.“

Gemüsehändler: „Also die Meinungsfreiheit, nicha, die gilt doch im demokratisierten Westen als höchstes Gut. Und die EU gehört zum demokratiserten Westen dazu, inklusive Deutschland. Das ist eine schöne Theorie, die praktisch leider nicht stimmt. Denn im Gegensatz zur Europäischen Union ist die Meinungsfreiheit ein grenzenloser Raum.“

Mesiramis Drohne: „Europa ist auch ein grenzenlos freier Raum. Das Schengener Abkommen….“

Gemüsehändler: „Aber eben auch Frontex. Und da beginnen sich die politischen Rollenspiele zu vertauschen. Pegida und die Nazis fordern Ausländer raus, und die Politik fordert von ihrer Grenzschutzagentur Frontex, keine Flüchtlinge rein zu lassen. Wenn die Politik sowieso schon das macht, was Pegida und andere wollen, dann sind sie bald salonfähig.“

Mesiramis Drohne: „Wir haben Radikalisierungsprozesse in Deutschland, bei denen sich Personen äußerlich und innerlich bis hin zu ihren Essgewohnheiten verändern.“

Unker: „Scheiße, mir hat mein Arzt ne Ernährungsumstellung verordnet.“

Moderatorin: Übrigens, hier steht grade im Tagesspiegel: Die Weltbevölkerung wächst und Fleisch wird zum Luxusgut. Unsere Ernährung wird sich in den kommenden Jahrzehnten verändern – deshalb könnten bald Insekten, Algen und sogar Laborfleisch auf unseren Tellern landen.

Zwischenrufer: „ Aufpassen hier.Passen Sie gut auf, Herr Drohne. Achten sie auf Speisekartensammlung in Restaurants und bei Imbissbuden. Gebt Acht.“

Unker : “Zwischenrufer, gib Five.”

Dr. Liberalitas: „Wenn Dr. Schröder und Herr Steinmeier sagen, dass, wer Ausgrenzung und Kleinherzigkeit gegenüber Flüchtlingen predigt, unsere westliche Wertekultur nicht kennt und vom Christentum keine Ahnung hat, so stehen beide unumstritten an der Spitze all der gutmeinenden aber naiv-unwissenden Bürger4nitiativen und Bewegungen.“

IHW-Gründer: „Als Mitinitiator der Göttinger Initiative Humane Welt IHW erkläre ich Ihnen, Dr. Liberalitas, dass aus dem Gallemund von sozialfaschistischer Hartz-Vier-Politik sogar die Wahrheit zur Lüge verkommt.“

Dr. Liberalitas: „Ihnen wünsche ich, werter Herr Gründer, dass Thilo Sarrazin persönlich Ihr Grundsicherungsbearbeiter wird.“

Moderatorin: „Genug gegeifert, Dr. Liberalitas. Sorgen wir nun bitte alle dafür, dass Pegida nicht zur Sammelbewegung übler nationalistischer Akteure wird, sonst könnte es sein, dass aus dem Anschlag auf die französische Satireredaktion der Funken des Europäischen Bürgerkrieges entsteht.“

Zwischenrufer: „Pegida hat in Dresden Antrag auf Anerkennung als gemeinnütziger Verein gestellt. Gemeinnützig? Vielleicht für das Kapital. Aber nicht für die sozial Schwachen, die Verfolgten der Kriege um Europa herum und das Wohl der Schöpfung.“

Unker: „Und wenn sie erstmal anerkannt sind wie damals in der DDR das Neue Forum, dann nimmt keiner mehr die nationalen rechtsradikalen Wurzeln und Strömungen dieser Sammlung mehr wahr. Kennen Sie den? Ein Banker, ein Hartz-Vier-Opfer und ein Flüchtling sitzen an einem Tisch. Auf dem Tisch steht eine Schale mit 15 Keksen. Da nimmt sich der Banker 14 und sagt zum Hartz-Vier-Opfer: Pass auf, der Asylant will Dir Deinen Keks wegnehmen.“

Gemüsehändler: „Ich wünsch mir Kekse für ALLE und nicht nur für die, welche mit raubender Hand in die Gemeinwohlschüssel greifen. Die Mägen von allen KÖNNEN satt sein, wenn WIR nicht mehr als VERBRAUCHER bezeichnet werden und man UNS nicht mehr mit MONSANTO-SCHEISS abfüttert.“

Unker: „Ist schon komisch: Das Prinzip des Kapitalismus ist das Privateigentum. Aber die Geschäftsgrundlage ist der gegenseitige Raub.“

Zwischenrufer, Flüchtlinge und sozial Ausgegrenzte: „Schlafe unruhig, Kapitalismus, und erst dann wieder ruhig, wenn Du das geraubte Gemeinwohl aus seiner Geiselhaft lässt. Und bist Du nicht willig, so werden wir einig. Hab Angst, Kapital, hab Angst, Dein Ende ist nah.“

Dieser Beitrag wurde unter Aproposia abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.