Tagesbemerkung 24.Juni 2016 Britisches Austreten

„Britisches Austreten“

Einige gibt es immer, die eine angespannte Lage nutzen, um Ängste zu schüren. Die Angst vor der Angst geriet in Großbritannien so groß, dass  die Hälfte der Briten das Bedürfnis zum Austreten aus der Europäischen Union verspürten.  Vielleicht sollte Brüssel darauf reagieren, indem die verbliebenen Mitglieder “Austrittskonsultationen” aufnehmen, bevor der Wunsch endgültig wird.

Am 23. Juni hatten die großbrittanischen Insulaner die Gelegenheit zu einer anderen weitreichenden Entscheidung als die Schweizer, die zum bedingungslosen Grundeinkommen  zum jetzigen Zeitpunkt „Nein, danke“ sagten. Das war relativ einfach. Denn das Nein richtete zumindest keinen Schaden an. Die Briten sollten hingegen darüber entscheiden, ob sie Mitglied der Europäischen Union mit allen Rechten und Pflichten bleiben wollen oder mit ihrer halbherzigen Liebschaft Europa nie wieder Bett und Tisch teilen wollen. „Ich gehe, Darling“ würde bedeuten: Das wars mit uns. Tür zu heißt auch Schlüsselabgabe. Hotel oder Parkbank – Europa ließ schon vorab verlauten: „Wenn Du gehst, ist es mir vollkommen gleichgültig, wie Du zurecht kommst.“ Die Nachbarn im Hause rätseln. Gut, Europa und die Briten hatten während des Mietverhältnisse öfter mal gegen einander gestichelt, aber Zank, Streit und völlige Zerrüttung gabs eigentlich nie. Permanent und einseitig war zuvor  vor den Folgen für die Wirtschaft gewarnt worden. Die Sorgen der Wirtschaft sind aber nicht die Sorgen der Gesellschaft. Bei gegenseitiger Verantwortung würde „Die Wirtschaft“ keine sozialen Einschnitte für „Die Gesellschaft“ in Kauf nehmen. Selbst jetzt wird lang und breit von den Reaktionen der Finanzmärkte gesprochen, aber nicht von den Alltagsfolgen für die Leute. Als nun aber der niederländische Nationalenführer Geert Wilders nach der Abstimmung sagte, sein Land werde als Nächstes austreten, wenigstens da müsste mal die Frage beantwortet werden, ob die Ausnutzung breiter gesellschaftlicher Stimmungen für politische Zwecke von anderen in Europa nicht zu „jugoslawischen Unruhen“ führen kann.

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