MEIN LIEBER SCHOLLI
von Monsieur Miezerich
„Na wie wars inse Stätes?“ (5)
Mein lieber Scholli, es heißt doch immer: wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen. Und Deine Reise nach Amerika war lang, wa, soviele Stunden allein über allen Wolken. Musst ja viel erzählen können. Aber auf Deiner Reise hast Du Sinn fürs Bequeme bewiesen und es Dir erstmal gemütlich gemacht. Ich hätt ja gerne noch Deine Hausschluppen gesehen oder wie wie man bei uns sagt: Ochsenpantoffel (doch, echt, so nennt man bei uns die bequemen warmen molligen Filzlatschen, die früher gelb-braun kariert waren, kennst das noch? Ach nee, Entschuldigung, geht ja gar nicht. Bloß, Du bist manchmal echt schwer zu verstehen. Neulich hatte ich den Eindruck, Du hättest einen Satz hinten völlig unerwartet anderes beendet als Du ihn vorn angefangen hattest. Atemlos lauschte nicht nur ich Deinen Worten. Aber ein Rätsel biste mir geblieben, Bruder Kater. Haste den Amerikanern Transit gen Osten versprochen oder greifen die Amis auf einschlägige deutsche Erfahrungen beim falschen Umgang mit Russland zurück? Wir Katzen, mein lieber Scholli, wir machen das so: Wenn wir mal wirklich nicht miteinander können, dann gehen wir uns ausm Weg. Finden wir besser, als alles niederzumachen, was sich uns in den Weg stellen würde. Sachma, Scholli, an mein Cheffchen denkste wohl gar nicht? Dem sträuben sich die paar verbliebenen Haare und er schnauft verärgert. Ist ja verständlich. Da schreibt einer mehr als zehn Jahre über den Weltfrieden, und was man wie wo wann mit wem verändern müsste („partnerschaftlich, überall, sofort, jeder mit jedem“), und dann ignorieren so ein paar Eierköppe aus der Politik Cheffchens Lösungsvorschläge. Sie sagen: Geht nicht, dann können wir ja keinen Krieg machen. Seid doch froh, wird ja der letzte sein. Nee, Scholli, lot dir dat nich einreden, auch wenn der Ami über die Herstellung Deiner Marschbereitschaft sagt: „Ich kann versichern, dass wir dazu in der Lage sein werden“.
Mein lieber Scholli, ich weiß noch nicht, wozu WIR hier alle in der Lage sein werden, aber mir als gemütlichkeitsliebender Katze ist klar: Zwing uns nicht, die Krallen unter den Samtpfötchen zum Kratzen einzusetzen. Sie sind zum Klettern da, und so soll es bleiben. Oder wie Cheffchen immer sagt: Zwing mich nicht, politisch zu werden, solange ich noch Möglichkeiten habe, die Dinge menschlich zu regeln.
Weißte Bescheid, ge, Scholli?