Optimismus – ein Rätsel in Deutschland

 

Hannes Nagel

Kategorie: Aproposia

„Optimismus – ein Rätsel in Deutschland“

 Jetzt, da das Jahr 2011 zu Ende ist, sieht man, das noch mal alles gut gegangen ist. Zwar hatte die Regierung am Anfang 2011 noch angekündigt, womöglich sogar gedroht, dass 2011 ein sehr schweres Jahr werden würde – nun ist es gar nicht so schlimm geworden. Böse Zungen behaupten, die Regierung habe sich bloß nicht genug Mühe gegeben, um ihre Prophezeiung wahr werden zu lassen. Das wollen wir doch aber nicht hoffen. Wir halten es schlicht und ergreifend für unser Glück, dass nicht alle Schikanen auf uns zu kamen, die in Wirtschaftskrisen möglich und denkbar sind. Und weil das Jahr trotz allem noch mal glimpflich mit uns umging, sehen 68 Prozent der Bevölkerung schon wieder ganz viele Lichtblicke für das Jahr 2012. Das hat der Zukunftsforscher Horst Opaschewski heraus gefunden, sagt er.

Er meint, die Menschen „arrangieren sich eher privat und familiär“. Diese Formulierung macht fröhlich. Sie hört sich an wie eine Chance, dass man ohne Abhängigkeit von staatlichen Transferleistungen doch eine kleine sichere Existenz aufbauen kann. Endlich, würden viele Hartz-Vier-Opfer sagen, wenn sie durch die Drangsalierungen der Behörden nicht schon vielfach handlungsunfähig gemacht worden wären. Handlungsunfähig heißt: Nicht mehr geübt genug, um sein Schicksal selbst in die eigenen Hände zu nehmen. Entmündigt quasi.

Wir wissen nicht, ob Herr Opaschewski unsere Lesart im Hinterkopf hatte, uns aber kitzelt die Formulierung vom privaten Arrangement. Denn: Privat heisst Nische oder Republik der Entrechteten, wie die Leute im Sherwood Forest, kann aber auch Solidarität nach dem Vorbild der sich gegenseitig aushelfenden Menschen in der DDR bedeuten. Sehen Sie mal: Nischen sind sozusagen Urlaub vom steten Gerenne im Hamsterrad des Kapitalismus. Sie brauchen Ihren persönlichen Kapitalisten nicht mal um Erlaubnis zu fragen. Was Sie im Urlaub tun, dient Ihrem Wohl und em Wohl des Nachbarn übern Gartenzaun. So idyllisch kann das Leben sein, wenn man sich nicht in ein fremdes Joch spannen lässt. Arbeit ja, aber für sich selbst und soweit man schauen kann. Im kapitalistischen Sinne ist Arbeit ja ohnehin nur das, was Viele tun, damit Einige im Wohlstand leben. Kommt daher der Optimismus, mit dem zwei Drittel der Deutschen ins Jahr 2012 starten?  Ich weiß, wie platt der Satz klingt, wie frisch gesprochen von Ferdinand Lasalle, Karl Marx, Vater Bebel oder Erich Honecker. Na und? Ist doch egal. Wenn es doch nun mal stimmt? An dieser simplen Tatsache hat sich seit der Industrialisierung im Wesen nichts geändert.

Apropos nichts geändert: Es ist noch etwas gleich geblieben. Nämlich die Merkel-Drohung, das dieses Jahr nun aber wirklich alles viel schlimmer werden wird. Hat sie in ihrer Neujahrsansprache für 2012 gesagt. Möge sie sich irren, denn irren macht menschlich, auch die Politik, die einer betreibt.

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