Apropos: Für jeden kommt der Zapfenstreich

 Viel nachhaltiger als missgünstig und heuchlerisch zu fragen, ob Wulff die 199.000 Euronen verdient hat oder besser verzichten soll, wäre etwas anderes: Zwei Hundertschaften Bild-geführte Reporter müssten rund um die Uhr hinter ihm her sein und jede Ausgabe über 150 Euro akribisch öffentlich-buchhalterisch zu dokumentieren. Ist ja schließlich öffentliches Geld. Da will die Öffentlichkeit auch erfahren, wo es bleibt. Die 200 Reporter müssten aber auch irgendwie bezahlt werden, sonst haben sie keinen Anreiz. Wer zahlt die? Im Idealfall die Öffentlichkeit, die zur Zeit ohnehin daran gewöhnt werden soll, für Inhalte zu zahlen (ungeachtet des Gebrauchswerts des Inhaltes) Sagen wir mal so: Wenn 200 Reporter für je 12.000 Euro pro Jahr Wulffs Ehrensoldverbrauch dokumentieren, sind das 2.400.000 Äppel pro Jahr. Wenn zwo einhalb Millionen Bürger, Demokraten und Republikanhänger pro Monat und Kopf einen Euro in die Reporterkasse zahlen, sind noch 100.000 über, womit die Gesellschaft ihr schamrotes Gewissen beruhigen kann, indem sie den Betrag für soziale Zwecke spendet. Zum Beispiel für die Kita „Kleine Knirpse ganz groß”. (KKGG). Die Galaveranstaltung denke ich mir von Lady Bettina moderiert.

 Eigentlich kann einem Herr Wulff nur leid tun. In einer klassischen Tragödie müsste man ganz genau heraus arbeiten, dass er über das eigene politische System gestolpert ist. Die Damen und Herren, die sich als „politische Klasse” empfinden, handeln alle so. Klassen sind Menschengruppen, die sich von anderen Menschen unterscheiden. Hat Helmut Schmidt „politische Klasse” mit „herrschende Klasse” verwechselt? Dann müsste es im Innern der herrschenden Klasse eine Stallregel geben, gegen die Wulff vertstoßen hat. Es muss ein Verstoß sein, der für die politische Klasse unverzeihlich ist. Korruption allein kann das gar nicht sein. Guttenberg zum Beispiel haben sie den Hintern versohlt, aber hat trotzdem den Arsch in der Hose behalten. Der Präsident nicht. Vielleicht wollte er auch bloss Klasswenverrat begehen, indem er dem Volk am Beispiel seiner Person zeigte, wie die politische Klasse Deutschlands tickt.

 Denn: (Seehofer über Wulff)

 „Sie waren ein guter Vertreter des modernen Deutschland.”

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