Film-Rezension: “Die Kunst, sich die Schuhe zu binden”

Baron von Feder

Film-Rezension „Die Kunst, sich die Schuhe zu binden“

 „Unaufdringlich eindringlich

Der Film „Die Kust, sich die Schuhe zu binden“ kam im September 2012 auf deutsche Kinoleinwände. Ihn 2014 zu ersten Mal zu sehen, schadet auch nichts. Der Film scheint ein zeitloses unaufdringlich eindringliches Lebensdrama zu sein. Lena Koppel erzählt darin eine Geschichte von geistig behinderten Erwachsenen. Eigentlich erzählen die Erwachsenen selbst. Sie erzählen, indem sie darauf beharren, dass sie in ihrer Behindertenwerkstatt nicht ständig nur Holz hacken wollen, für die Wertschöpfung, oder Schnürsenkel zu Schleifen zu binden, für das selbständige Leben, falls mal das Band aufgeht und kein Betreuer ist da, um den Schuh wieder zu zu binden. Wozu auch? Es gibt ja Klettverschlüsse. Sie erzählen, dass sie Lust auf Freude haben, indem sie Theater spielen. Denn spielen und Theater hängen zusammen. Schauplatz der Geschichte ist wegen ihres Tatsachenkerns die schwedische Hafenstadt Hudiksvall am Bottnischen Meerbusen. Das Erzählte und das Wahre gehen wie ein sanfter Wusch ineinander über. Das Wahre ist die Gründung der Theatergruppe „Glada Hudik“. Zum Ensemble gehören die geistig behinderten Menschen in einem betreuten Tageszentrum der Stadt. Das Erzählte ist ein Schauspieler vom Theater, der arbeitslos wird und vom Arbeitsamt einen Job in Hudikavall zugewiesen bekommt. Dort hat er einerseits mit Menschen zu tun, die wie behinderte Kinder behandelt werden, aber eigentlich junge Erwachsene sind. Am Ende tritt die Gruppe auf einer Bühne mit einer Gesangsdarbeitung auf, die richtig schön ist, auch wenn man mangels Akustik den Text nicht versteht. Vielleicht schreibt ihn ja mal jemand auf, so das man ihn selbst lesen kann.

Es gibt in dem ganzen Film nur eine einzige plakative Stelle: „Behindert ist man nicht, behindert wird man.“ Und sogar dieser Satz passt in den Wusch. Am Ende hat man einen Film gesehen, der unaufdringlich eindringlich ist.

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