FEUILLETON-ZEITGEIST: Emau ohne Arndt

Feuilleton-Zeitgeist

==============

„EMAU ohne Arndt“

 Im Januar 2017 hatte der Senat der Universität Greifswald im zweiten Anlauf entschieden, den Namen Ernst-Moritz-Arndt aus der Bezeichnung der Bildungseinrichtung zu streichen. Vor sieben Jahren stimmte die Mehrheit der Entscheider für den Behalt des Namens. Die Zeiten ändern sich.
Ernst Moritz Arndt wurde EMA abgekürzt; die Univerität als Ganzes EMAU –und so stehts in vielen Papieren, Zeugnissen, Bescheinigungen als Arbeitgeber, Absolventenbewerbungen und in akademischen Lebensläufen.
Ernst Moritz Arndt wirkte in einer von „vaterländischen“ und „nationalistischen“ Bestrebungen in Europa geprägten Zeit. Seine Lebensuhr tickte von 1769 bis 1860. 91 Jahre sollten für einen Historiker ein großzügig eingeräumter Zeitrahmen sein, um als Chronist Zeuge der Zeit und als Historiker Sachverständiger in der Bewertung der Zeit zu sein. Aber den Idealfall erreichen nur Wenige. Bei Arndt war so etwas wie eine Weitblickverengung Schuld an der Reduktion der Wahrnehmung auf das nationalistische und vaterländische Geschrei.
Der Theologe hatte diese Art zu denken tief verinnerlicht. Aus dem Gedicht „Des Deutschen Vaterland“ bricht diese Innerlichkeit wie der Wortschwall eines Pegiden im Jahre 2016 heraus:

Was ist des Deutschen Vaterland?
Ists Preußenland? Ists Schwabenland?
Ists, wo am Rhein die Rebe blüht?
Ists, wo am Belt die Möwe zieht?
Oh nein nein nein
Sein Vaterland muß größer sein“

Der Peitschenrhythmus der ersten Strophe setzt sich in den folgenden acht Strophen fort. Über Bayern, Steiermark, Brandenburg, Pommern, Westphalen, Österreich kommt das Gedicht zu der an geopolitischer Kühnheit kaum zu überbietender Schlußfolgerung:

Was ist des Deutschen Vaterland?
So nenne endlich mir das Land.
Soweit die deutsche Zunge klingt
und Gott im Himmel Lieder singt
Das soll es sein
Das, wackrer Deutscher, nenne dein.

 

(zitiert nach

„Die Lieder aller Völker und Zeiten“,
Zusammengestellt und herausgegeben
von Hans Grabow
Verlag G. Kramer, Hamburg 1880)

Eine Universität ist eine Bildungseinrichtung. Zum Lernen möge es still zugehen, damit niemand in seiner Konzentration beim wissenschaftlichen Arbeiten gestört wird. Da kann auch ein Schreihals nicht Namenspatron der Hochschule sein.

Dieser Beitrag wurde unter Feuilleton-Zeitgeist abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.