FEUILLETON-REZENSION: Alle meine Kleider

Rezension „Alle meine Kleider“

„Ein Spiegel lügt, die Mode behauptet etwas anderes“

 Wenn Sie mal wieder Lust auf zeitlos-elegante Lektüre haben, die Sie mit Geist und Witz umplätschert, dann nehmen Sie doch mal Hannelore Schlaffers Büchlein „Alle meine Kleider“. Sie werden den Eindruck haben, einen schwarz-weißen Knisterfilm der UFA zu sehen und fühlen sich beinahe unangestrengt unterhalten. D as ist Seichtigkeit mit Tiefenbotschaft. Denn die Autorin beginnt ihr Büchlein damit, über die „Vor dem Spiegel“ verbrachte Zeit verbrachte Zeit zu sinnieren. Sie stellt fest, dass im Spiegel-Bild ein Vor-Bild gesucht wird. welches sonst nur im Geiste exitiert. Aber mit dem Geist sieht man ja nicht zum Vergleichen. Stundenlang kann man philosophieren über die Rolle des Vorbildes bei der Selbstverwirklichung, und manche machen sogar  – an Unis zum Beispiel – Vorlesungen daraus. Alle sind sich einig, dass es so etwas wie Selbstverwirklichung geben soll, muss und kann. Wenige sagen, dass zur Selbstverwirklichung auch das Frauwerden oder Mannwerden gehört. Ist eine Frau eine Frau, wenn sie ihr Rollenvorbild brav erfüllt? Kann eine Frau dem allgemeinen Rollenvorbild eine individuelle Note hinzufügen? Ja, schreibt die Autorin und schon ist das aufgeregte Geschnatter der Rollenspielerinnen über die Betonung der individuellen Rollengestaltung ein atemlos hingehauchter und neidisch beäugter Skandal. Wir Männer – welche Theateraufführung sehen wir am liebsten? Und welches führen wir am Liebesten selber auf? Das einige von Euch mit Uns zusammen kommen scheint bisweilen ein Wunder zu sein, weil wir gegen unseren willen ständig versuchen, das Zusammenkommen zu verhindern.

Am Ende hat die Autorin einen simplen Vorschlag: Selbstvertrauen. Lasst, Damen wie auch Herren, das Selbstvertrauen in Euch und Eure Fähigkeiten Euer Vorbild sein. Dann klappt das schon. Das Schönste an Hannelore Schlaffers Buch ist der Übergang vom Spiegel zur Kleidung und der Mode. Die Darstellung der Mode als Einheit von Funktion, Symbol und individueller Selbstbehauptung macht das Buch auch für Modemuffel äußerst lesenswert.

 (Hannelore Schlaffer, „Alle meine Kleider“, Stuttgart, Essay ohne Jahresangabe)

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