Apropos Menschenwürde

Quergedacht

Samstag, 24. Oktober 2009

Autor: Hannes Nagel

Das Bundesverfassungsgericht hat vor wenigen Tagen vorsichtig einer Frage eine Antwort zugestanden. Die Frage ist: Gewährt das Arbeitslosengeld II ein menschenwürdiges Existenzminimum? Die Antwort steht noch aus. Hoffentlich machen sich die mit den Überlegungen Beauftragten Persönlichkeiten des öffentlichen, gesellschaftlichen und politischen Lebens des Landes schnellstens an die Arbeit, bevor sie zu der Standardausrede von Unverständigen greifen. „Wie war nochmal die Frage?“, heisst diese.

In der Zwischenzeit dürfen auch Leute, die nicht mit der Beantwortung der Frage beauftragt sind, versuchen, eine Antwort zu geben. Denn wer kann eigentlich festlegen, was ein menschenwürdiges Leben ist? Gutbezahlte Entscheidungsträger, die den Mangel am Notwendigen nicht kennen und auch nicht die Angst kurz vor der Monatsmitte, wie die kommenden zwei Wochen zu überleben sind? Die auch niemals  an jedem Monatsersten vor der Frage stehen, wovon die neu eingetroffenen Rechnungen bezahlt werden sollen?

Was ist das eigentlich, Menschenwürde? Steht der Begriff etwa seit Jahrzehnten in der Verfassung, ohne dass jemand weiß, was das ist? Ist der Passus über die Würde des Menschen und seine Unantastbarkeit nur ein wohlklingender Lückenfüller im Gesetz, etwa so, wie ein zum Mittagessen rufender Gong: Angeschlagen – Verklungen – Untergegangen im Schmatzen und Smalltalk der in ihrer Würde tatsächlich unangetasteten Mitglieder gehobener Gesellschaftsschichten?

Lange war Hartz Vier nur aus vermeintlicher Sicht der Steuerzahler ein Medienthema. Vermeintlich deshalb, weil die Berichterstattung und die Meinungsäußerungen die Bezieher als nichts leistende Wohlstandsempfänger verunglimpften. Wenn Karlsruhe spricht, müssen wenigstens auch die Medien jetzt Hartz Vier aus Opfersicht zum Thema machen.

Denn Menschenwürde ist eine Lebensgestaltung, wo jeder einzelne ausrufen kann: Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein. (Steht bei Goethe). Menschenwürde kann daher niemals fremd bestimmt sein.

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