Kalt ist der erste Dezember in Berlin. Das Herz ist auf Menschlichkeit aus. Es sagt: „Ich will kleine einfache Geschichten. Ich will sehen, dass es in dieser schwarz-gelben Eiseskälte noch Herzenswärme gibt“. Am Alexanderplatz piepst eine Kinderstimme, das Hilfe nötig sei. Sein Anliegen erklärt das Kind mit einem Zettel. Darauf steht, dass das Kind aus Bosnien sei und demzufolge kein Geld habe, welches es aber brauche, um der Oma im Krankenhaus eine warme Suppe zu kaufen. Er, Angebettelter, und sie, Angebettelte, mögen doch bitte etwas Geld übrig haben. Der Angebettelte glaubt kein Wort. Er sagt, er werde dem Kind jetzt zwei Brötchen kaufen. Im Laden kucken Leuten komisch. „Glauben Sie die Geschichte etwa?“, fragt einer. „Wieso haben Sie dann Brötchen gekauft? Der Angebettelte sagt: „Weil ich nicht von der ARGE bin. Wenn einer sagt, er ist in Not, dann muss man erst helfen. Fragen stellen kann man später.“ Leichtes, schnell verstummendes Gemurmel. Hoffentlich hat es einer von den besonders unfreundlichen Arge-Leuten gehört. Falls einer anwesend war.
Draußen pfeift die Kälte über den Alexanderplatz. Die roten Nasen von Benjamin und Rebekka sind aber nicht der Kälte gschuldet, sondern ihrem Auftrag. Sie werben als Mitarbeiter der Werbeagentur Face to Face um Spenden für den Verein „Rote Nasen Deutschland“. Darum klemmen sie sich auch rote Plüschknubbel auf die Nasen. Wie die Clowns vom Zirkus und vom Fernsehen, aber nicht die von der Politik. Zwischen 80, 120 und beliebig vielen Euro kann man als Jahresbeitrag spenden. Der Rote-Nasen-Verein bezahlt damit die Gage von Clowns, die stundenweise, Woche für Woche und solange es das Wohl von Kindern mit Krebs verlangt in Krankenhäusern für ein paar Momente Leid, Schmerz, Angst, Trauer und Tränen mit Lachen überstimmen.