Kommentar
Hannes Nagel
Mittwoch, 26. Oktober 2011
Wenn das Inkasso feiert
Mein Arbeitstag beginnt morgens in der Regel damit, dass ich anhand der Lokalpresse Material für meinen zweiten Krimi sammele. Mein zweiter Krimi beschäftigt sich mit kriminellen Fällen aus dem staatlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Führungsmilieu. Und die Zeitung ist voll von Berichten über Handlungen, denen man zumindest grauzonale kriminelle Energie unterstellen kann und muss. Denn wer von Straftaten weiß oder sie vermutet, muss darüber Auskunft geben.
Die Ostseezeitung schrieb heute: „Immer mehr Menschen sitzen in der Schuldenfalle“. Eine Falle ist eine bewusst aufgestellte Einrichtung mit der Absicht, jemand gegen seinen Willen darin zu fangen. Wenn Menschen Tieren Fallen stellen, kann es darum gehen, die gefangenen Tiere zu essen. Es kann aber auch darum gehen, Tiere zu fangen, um sie gefügig zu machen und sie zum eigenen Vorteil auszunutzen.
Wenn Menschen also in Schuldenfallen tappen, hat jemand diese Fallen aufgestellt, um seine Mitmenschen gegen deren Willen und zum eigenen Vorteil in die Zwangsverschuldung zu treiben. Das ist kriminell. Aber die Kriminellen schaffen es, ihre Opfer zu kriminalisieren, indem sie ihnen unter Ausnutzung der Justiz die Inkasso-Branche auf den Hals hetzen. Die Methoden sind rüde. Mir ist ein Fall bekannt, wo eine Inkassodame mit einem Arm Bücher, Papiere, Unterlagen, Notizen vom Tisch fegte, um Platz zu haben für das verlogene Ausfüllen ihrer Formulare, die dann in Akten eingehen und das Opfer der Machenschaften abstempeln. Ein Anwalt, der zur Hilfe gebeten wurde, sagte bloss: „Was wollen Sie denn, Sie kriegen doch Hartz Vier, damit haben Sie kein juristisches Problem“. Weil man, wie der Herr Paragraphenquäler zu sagen vergaß, als Hartz-Vier-Opfer außerhalb des Grundgesetzes und des sonst so geltenden Rechts steht.
Weil ich berechtigt bin, das zu sagen, bin ich auch verpflichtet, zu sagen, dass der Ruf nach Inkasso beim Geldeintreiber unverzüglich die Staatsanwaltschaften aktivieren soll, die von Amts wegen zu untersuchen haben, welche Täuschungen, Lügen, Irreführungen und Ratenunterschlagungen die Zwangsverschuldung erst hervorgerufen haben. Denn wie schon die Überschrift sagt: „Schuldenfalle“ ist ein Hinweis auf eine Straftat.
Übrigens feiert der Verband der Inkassounternehmer Deutschlands ein Jubiläum dieses Jahr. Verband der Inkassounternehmer. Da darf ich ohne des Recht des Verbandes auf einen Vergeltungsschlag von organisierter Kriminalität sprechen. Mich deckt Paragraph 5 Grundgesetz. Und wenn Ihr den aushebelt, darf ich Artikel 20 Widerstandsrecht anwenden.