Rezension: Ein Hinweisgeberschutzgesetz

 Hannes Nagel

Rezension „Entwurf Hinweisgeberschutzgesetz“

Samstag, 11. Februar 2012

„Ein Hinweisgeberschutzgesetz“

Da sage noch einer, „Das Flugblatt“ hätte das Ohr nicht am Herzschlag der Zeit. Gerade kam bei uns die Frage auf, was man eigentlich noch rezensieren könnte außer Büchern, Hörbüchern, Theateraufführungen und sonstigen Bühnenprogrammen. Wir zogen gerade Parteiprogramme in Erwägung und Koalitionsverträge, da kam die Erleuchtung aus einem Telepolisartikel: Gesetzesvorschläge. Telepolis berichtete nämlich von einem jüngst entworfenen Schutzgesetz für Hinweisgeber. Gesetzesvorschläge sind sprachliche Meisterleistungen und manchmal sogar Literatur. Um einen Gesetzesvorschlag kann man manchmal teils kritische, teils lobende Geschichten erzählen. Also im Prinzip Feuilleton, Abteilung Rezension.

Nun geht es um ein Gesetz, welches Leute schützen soll, die Journalisten über Missstände in ihren Unternehmen informieren, damit die dann recherchieren und die breite Öffentlichkeit informieren, wie es ihre Aufgabe in der Gesellschaft ist. „Hinweisgeberschutzgesetz“ heißt es und wird mit „HinGeschG“ abgekürzt. Das klingt wie Hindukusch, aber Hinweise auf das Geschehen bei den Militärtätigen sind per Entwurf nicht vorgesehen. Der Gesetzentwurf nennt ausdrücklich Gammelfleischskandale, skandalöse Zustände in der Altenpflege und Bestechungsversuche in Großunternehmen. Theoretisch könnte man diese Informationen auch mit gut ausgebildeteen Langzeit-Wallraffs erreichen, denn theoretisch sind die Positionen, von denen aus ein Hinweis gegeben werden kann, noch nicht so hoch, dass sie theoretisch nicht jeder erreichen könnte. Ich sage theoretisch, weil praktisch der Arbeitsmarkt dagegen steht. Der ist nahezu dicht und lässt keinen rein.

Das HinwGebSchG kommt von namentlich genannten Abgeordneten zuzüglich der SPD-Fraktion. Punkt C jedoch scheint sich von Bundeskanzlerin Merkel eingeschlichen zu haben: „Alternativen“ steht da und die Antwort: Keine. Es verlangt, dass Menschen, die Informationen weiter gegeben haben, dafür nicht bestraft werden können oder berufliche und soziale oder gar gesundheitliche Nachteile erleiden müssen. Paragraph Fünf erlaubt lediglich die Versetzung des Hinweisgebers innerhalb der Firma.

Ansonsten muss der Hinweisgeber zuerst den Arbeitgeber informieren. Erst dann darf er sich an die Öffentlichkeit wenden. Sogenannte berufliche Verschwiegenheitspflichten sind einzuhalten. Mit Verlaub, aber wenn ich einem Täter erst erlaube, Beweise zu vernichten, bevor ich sein Tun öffentlich mache, richte ich größeren Schaden an, als wenn ich gleich nach Außen trage, was Intern los ist. Denn wie kann gewährleistet werden, das hinterher nicht alles wieder wie vorher ist?

Übrigens soll ein Verstoß gegen das Gesetz den Arbeitgeber nur 50.000 Euro kosten.

Ich fürchte, da lachen die drüber.

Dieser Beitrag wurde unter Feuilleton-Rezension veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.