Aproposia: Von dem Neger, der seine Stiefel wichste

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 Von dem Neger, der seine Stiefel wichste“

 Neulich sprach eine ziemlich junge Ministerin in einer und dann mehreren Zeitungen, dass sie Stellen, auf die sie in Kinderbüchern stößt, einfach weg lässt oder harmlose Ersatzformulierungen benutzt. Prompt machte dieser Unsinn Schule, und ein Kinderbuchautor stimmte zu, dass der Verlag ab nächster Auflage in die Wortwahl eingreift.

 Der Moderator: „Wie wollen wir in Zukunft mit veralteten Worten und Ausdrücken umgehen? Wollen wir sie wirklich stillschweigend ersetzen?“

Der Sprachforscher: „Alles gar kein Problem heutzutage, wenn wir transparent darlegen, das ein Wort durch ein anderes aus einem bestimmten Grund ersetzt wurde. Wir können uns da an den Suchmaschinenanzeigen von Google ein Beispiel nehmen. Die sind, was Transparenz angeht, ihrer Zeit und deren Möglichkeiten weit voraus“

Moderator: „Und was ist mit dem Wort, welches vorher da stand?“

Sprachforscher: „Ja das wird aus dem Sprachgebrauch getilgt“

Zwischenrufer: „Meinen Sie Tilgen wie Ausrotten mit Stumpf und Stiel?“

Sprachforscher: „Also Ihre Nazivergleiche sind ja unerhört“

Moderator: „Bitte keinen Zank“

Verleger: „Uns geht es nicht um Political Correctness. Es geht darum, Begriffe auszutauschen, die Kinder heute nicht mehr verstehen. Es geht um die Begriffe Neger und wichsen, mehr nicht“

Zwischenrufer: „Unterschätzen Sie die Kinder nicht. Die könnten auch anfangen, sich selber für die Herkunft und die Geschichte von Wörtern zu interessieren.“

Verleger: „Wir können ja noch ein Wörterbuch gestrichener Wörter verlegen, gute Idee, der Absatz wird groß, wenn wir viel streichen. Pöns Wörterbuch der verpönten Wörter oder so.“

Die junge Mutti: „Genau, unterschätzen Sie die Kinder nicht. Geschichte ist woran man sich erinnert, und meine sollen sich nur an das Gute erinnern. Meine sollen mit dem Schmutz gar nicht erst in Berührung kommen. Ich lese diese Worte nicht vor. Nein, die lese ich nicht.“

Der Zwischenrufer: „Sonst müssten Sie ja Ficken sagen, wenn die Kinder das Wort Ficken nicht gebrauchen sollen.“

Der Sprachforscher: „Ficken war früher normal, dann verpönt, und jetzt ist es schon fast wieder schickliche Umgangssprache“

Der Verleger:Soviel zum Ficken. Nun aber mal zurück zum Neger. Bei Neger und wichsen könnten Missverständnisse auftreten. Welches Kind weiß denn heute noch, dass damit Stiefelputzen gemeint ist?“

Die junge Mutti: „Meine erziehe ich so, dass sie ihre Schuhe selber putzen, nicht nur wenn der Nikolaus kommt mit der Rute in der Hand.“

Der Zwischenrufer: „Dann wäre der Schuhputzer im Hotel also ein….“

Die Moderatorin: „Zwischenrufer, nu gehnse aber zu weit.“

Einer vom Publikum: „Die politisch-korrekte Umdichtung ist sehr kleingeistig von den Verlagen“

Zweiter vom Publikum: „Die ganze Diskussion find ich auch unsäglich“

Die Literaturwissenschaftlerin: „Ich glaube dass einzelne Erwachsene zu pingelig sind“

Moderatorin: „Kann das dann dazu kommen, dass hierzulande politische Sprachreinigung betrieben wird?“

Die Literaturwissenschaftlerin: „Na ich hoffe doch nicht das jemand auf solche Ideen kommt“

Der Zwischenrufer: „Dann wäre ja auch Schluss mit: Ein Neger mit Gazelle zagt im Regen nie“

Die junge Mutti: „Was soll das denn jetzt?“

Der Zwischenrufer: „Lesense das mal rückwärts, dann verstehnse schon“

Die Beiden vom Publikum: „Darauf einen dreifachen Loriot.“

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