Rezension: Er ist wieder da

 REZENSION

 von Helene Musfedder

Das unsterbliche Böse

 Wütend stieß ich einen Karton alter Bücher mit dem Fuß. Drin waren Fundstücke von einem Dachboden mit Publikationen aus dem Eher-Verlag und dem Zentralverlag der …. -übrigens, ein Witz aus jener Zeit ging so: „Weißt Du was die Abkürzung bedeutet?“ „Nee“ „Na, suchst Du auch Pöstchen?“ – ach Mensch, diese Bücher entziehen sich sogar einer halbwegs seriösen wissenschaftlichen Durchforschung. Ich trat den Karton noch mal und versuchte, unten im heutigen heiteren Wohnzimmer auf schöne Gedanken zu kommen, und was musste ich sehen? Mein Herr Freund hatte mir ein Hörbuch zum Rezensieren hingelegt. „Er ist wieder da“ heißt das Buch und ich wünschte mir, er wäre es nicht. Mein Freund schaute mir in die Augen und fragte irritiert; „Is was?“ Ich knurrte. Dann fauchte ich. Bin ja schließlich die Büchermieze. Die Krallen zeigte ich schon mal, aber das sah er nicht mehr, denn er hatte schon den Schwanz eingezogen und war im Garten zum Holzhacken verschwunden. Langsam beruhigte ich mich. Aber wie kann das sein, dass das Böse Unsterblichkeit erlangt und gute Menschen einfach so in Vergessenheit geraten sind? Renommierte Zeitschriften bringen den Saukerl regelmässig aufs Titelbild, wenn ihnen weiter gar nichts mehr zum Thema Zeitgeschichte einfällt. Verulkung a la „Adolf, die braune Nazisau“ und so weiter geht gut über die Ladentische des Buchhandels, und seit Ende 2012 gibt’s von Timur Vermes das Hörbuch „Er ist wieder da“. Ich sag mal so: Wenn mal einer darüber spekulieren würde, das die Welt von Deutschlands brauner Phase verschont geblieben wäre, wenn das Land autogen trainiert worden wäre, hätte er einen wirklich originellen Einfall: „Mein rechter Arm wird schwer. Ganz schwer. Er hängt an der Seite herab. So schwer ist der Arm. Nicht hebt ihn an. Mein Arm ist ganz schwer“. Wenn dann noch die Zunge schwer und müde geworden wäre, hätten die Leute weder Heil Hitler schreien noch den rechten Arm hochreißen können. Viel Leid und Unheil wäre der Welt erspart geblieben. Und was wäre aus Adoof gworden? Ein grantelnder alter Mann im Stadtpark? Oder vielleicht, wenn es denn schon Politik sein muss, ein Stadtbezirksbürgermeister? Der Hörspielplot geht davon aus, dass Hitler sein selbst angerichtetes Unheil überlebt hätte, anders als seine Millionen Opfer. Und nun säße er in der Gegenwart herum und fände sich nicht zurecht. Wirklich? Wäre es so schwer für Ado Braun, sich im heutigen Deutschland zurecht zu finden? Gibt es da nichts, was bei ihm einen Wiedererkennungseffekt auslösen würde? Der Preis des Buches beträgt übrigens 19 Euro Drreiundddreissich. Verlag: Eichborn-Verlag. Na wenigstens nicht Eichmann.

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