Rezension: Der Mond ist kalt und dunkel

Helene Musfedder

Rezension „Der Mond ist kalt und dunkel“

Hinterhältige Wiedergänger“

 Wenn es draußen regnet, liest es sich drinnen am besten. Bei Sonnenschein zu lesen – drinnen – macht immer so ein schlechtes Gewissen. Gar nicht lesen aber auch, weil man dann mit der Lektüre nicht fertig wird, und dann wird die Rezension nicht rechtzeitig fertig. Das heutige Buch ist der Ostseekrimi „Der Mond ist kalt und dunkel“ aus dem Hinstorff-Verlag. Das Buch ist hinterhältig. Der erste Hinterhalt lauert im Titel. Wieso merkt man erst mitten drin beim Lesen, dass der helle Mond dunkel ist? Es heißt doch schließlich: „Dunkel wars, der Mond schien helle“.

cover rezi der mond ist kalt und dunkel

Der zweite Hinterhalt ist eine Falle. Sie schnappt auf Seite 27 zu, und bis dahin glaubt man, man könne die Lektüre einfach so wegstecken. Aber ab Seite 27 kann man nicht mehr loslassen, denn es entwickelt sich zunehmend und erwartungsgemäß ein hochinteressantes Spiel zwischen dem Gespenstischen und dem Rationalen. Obwohl man schon längst als aufgeklärte Krimitante weiß, was Käuzchenrufe, Nacht, versagender Automotor, ein Reh auf der Straße bedeuten – wo ist eigentlich der Nebel? Ach, auf dem Meer, ist klart, es ist ja Oktober, da ziehen die Nebelschwaden vom Meer aufs Land. Und hatte ich Käuzchen schon? Lustvoll fabuliert Pola Kayser über Wiedergänger, zwei reiche Frauen, die nicht arbeiten müssen – die eine weil sie geerbt, drei mal, jeweils von ihren Ehemännern, der letzte war übrigens Geldeintreiber, aber ich will da nichts sagen, was nicht auch im Buch steht. Die andere hat das Geld, weil sie vorteilhaft geschieden ist. Der Esel zahlt. Der Grund für die Anreise der Damen ist eine Erbschaft – klar, die eine kann ja offenbar nur Erben, erst ihre drei Männer und nun noch eine entfernte Verwandte, eine Großtante oder so. Es kann einem aber auch gut gehen zwischen Hamburg und Rügen. Zwischen den gruseligen Geschichten von Wiedergängern passieren ein paar Morde, am Anfang zwei, später noch einer. Und alles hat mit dem Hotel zu tun, in dem die beiden Damen aus Hamburg abgestiegen sind. Es kommt auch ein Gärtner vor, irgendwer schreit nachts im Hotel, und dann laufen alle Gäste im Nachtzeug über die Flure und zeigen sich von ihrer schönsten Seite, wie in den einschlägigen Filmen.

Der dritte Hinterhalt ist die Endlosigkeit der Handlung. Man liest und liest und blättert die Seiten um, und am Ende ist man doch wieder oder noch in der Mitte des Buches. Das ist doch wirklich ziemlich gespenstisch, oder? Und dann werden die Leser in den Spuk auch noch mit hineingezogen – ob das aufhört, wenn man über die verhexte Mitte hinaus kommt? Es MUSS ja eine rationale logische Erklärung geben, denn Tote, die als Wiedergänger zurück kommen sowie schwarze Magie mit Voodoobeschwörung – so etwas gibt es ja gar nicht.

Pola Kayser, „Der Mond ist kalt und dunkel“, Hinstorff-Verlag, Rostock 2013

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