Bewegungsmelder: Denksport für Wahldemokraten

BEWEGUNSMELDER

Denksport für Wahldemokraten“

 Demokratie ist, wenn Wahlen stattfinden. Dieselben sind ein Verfassungsgrundrecht, welches in allen demokratischen Staaten den Wahlberechtigten zusteht. Bei den Bundestagswahlen hat jeder Wahlberechtigte in Deutschland zwei Stimmen. Mit der einen Stimme kreuzt man auf einer List mit den zur Wahl stehenden Parteien an, welche man gerne im Parlament sehen würde, und mit der zweiten Stimme kreuzt man einen Namen an. Das Kreuz mit dem Namen nennt man die Wahl eines Direktkandidaten. Der ist direkt im Parlament drin, wenn erstens er den Wahlkreis mit Mehrheit gewonnen hat und zweitens seine Partei über die Wahl von der Liste mindestens 5 Prozent der abgegebenen und gültigen Wählerstimmen erreicht. Das klingt logisch, weil sonst die FDP zwar an der 5-Prozent-Hürde gescheitert wäre, aber Ralf-Torsten Mullesieken drin wäre, weil er in seinem Wahlkreis die Mehrheit hätte. Der Fall ist aber bei der Bundestagswahl 2013 nicht aufgetreten, also ist die hier getroffene Beschreibung der Wahlbeobachtung richtig. Wahlbeobachter haben bei der Bundestagswahl 2013 festgestellt, dass etwa 15,8 Prozent der abgegeben Stimmen sich auf drei bis vier Parteien verteilten, die jede für sich nicht über die 5 Prozent Hürde kamen. Wo aber blieben die Stimmen? Wurden sie die so genannten Ausgleichsmandate? Wenn nämlich eine Partei durch die Zweitstimmen mehr Sitze bekommt, als ihr prozentual nach der Stimmabgabve zustehen, dann müssen die anderen Parteien sozusagen angemessen entschädigt werden, wodurch die Größe des Parlamentes wachsen kann, was dann nach der Prozentrechnung zu Mehrheitsmöglichkeiten führt, die nach der einfachen Mehrheitswahl nicht möglich gewesen wären.

Einen Monat nach der Bundestagswahl sagte Parlamentspräsident Nobert Lammert, dass sich die Parteien schon nach der Walrechtsreform von 2012 darauf verständigt hätten, die Überhangsmandate lieber nicht abzuschaffen, sondern sie besser durch Ausgleichsmandate zu kompensieren. „Kompensieren“ heißt „Ausgleichen“. Insofern gab es für Lammert wohl eine politische Priorität, die den Vorrang hatte. Vorrang vor dem Wählerwillen hat es, wenn wegen einiger Überhangmandate noch ein paar Stühle ins Parlament gestellt werden müssen, um noch ein paar zusätzliche Gesäße zu platzieren.

Ich finde, das ist ein vielversprechendes Prinzip. Es ist die Urform einer Basisdemokratie, die die Elitärparlamentarier gerade dadurch herbeiführen, dass sie kleinere Parteien ausschließen wollen. Der Beleg für diesen Gedanken steht in N-Tv vom 27. Oktober unter dem Psalm: „Jeder will möglichst viele Posten. Regierung könnte mehr Minister bekommen“. CDU und SPD rangeln um möglichst viele Posten und sinnen daher auf Möglichkeiten, die Regierung um die benöigten Ressorts zu vergrößern, statt die vorhandenen zu verteilen. Da könnte man doch gleich die 5 Prozent Hürde abschaffen, jede Partei formt ihr eigenes Schattenkabinett, Sonstige bekommen Mitwirkungsrecht an den Kabinetten, und die Initiative Verfassungskonvent stellt fest: „Dies ist ja ein völlig neokratischer Zustand von Basisdemokratie“. Verstehen wird sie keiner, außer vielleicht die Schweiz.

Dieser Beitrag wurde unter Feuilleton-Zeitgeist abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.