REZENSION: Aufruhr am Ryck

REZENSION

Rezension „Aufruhr am Ryck“

Helene Musfedder

„Handelspolitik, die Dritte Person und die gewöhnliche Kriminalität“

Es stürmte draußen und es regnete. Ich hatte nur wenig zu tun. Ich musste nur den Ostseekrimi „Aufruhr am Ryck“ lesen. Ryck ist ein Flüßchen, und an diesem Flüßchen liegt Greifswald, eine Stadt mit Universität. In dieses Milieu hat Emma Wittenstein schon vor einem Jahr oder waren es zwei den Mittelalterkrimi „Der Teufel vom Ryck“ angesiedelt. Darin musste ein Buchkopierer wegen Gedächtnisverlustes durch Schläge auf den Kopf ein paar Morde nachrecherchieren und klärte die Taten dadurch auf. Ich war also schon beträchtlich gespannt, was Emma Wittenstein in „Aufruhr am Ryck“ in petto hat. Ich nahm mir daher das Buch vom Tisch mit der ungelesenen Lektüre. Ich wollte gerade die Treppe hinauf huschen, da hörte ich ein platschendes Geräusch. Wir haben da so ein ganz kleines Fenster unten bei der Haustür, das steht fast immer auf, wegen Lüftung. Ganz kurz nach dem Geräusch huschte ein feuchtes haariges Wesen um eine Waden. Es sagte. „Miau“ und bat mich, ihm in der Küche ein Schälchen mit Milch zu servieren. Ich tat dies und sagte zu dem Kätzchen: „Wenn Du fertig bist, wisch Dir Dein Schnäuzchen ab und komm zum Lesesessel. Ich muss Mittelalter lesen, da brauch ich schwarzes Kätzchen.“ Oben begann ich dann zu lesen. Der Kopierer vom ersten Roman wohnt inzwischen in Wolgast, aha. Und in Greifswald geschieht ein Mord. Aha. Im Uni-Milieu. Schau an. Der Vogt verdächtigt einen Studenten. Und der Herzog in Wolgast beauftragt den Kopierer mit dem nun nötigen kriminalisieren. Dem Kopierer schwant beim Briefing Übles. Der verdächtigte Student ist sein alter Bekannter Gernot von Hohnstein. Ich ließ das Buch sinken. Jemand kommt die Treppe hoch und nimmt schnurrend auf meinem Schoß Platz. Vor Spannung virbrierend, vor Wohligkeit schnurrend saßen wir im Leselümmelsessel und lasen. Was fiel uns auf? Uns fiel auf, dass Emma Wittenstein durchgängig die Anredeform in der Dritten Person benutzt. „Nimm Er die Hand von Seinem Messer und tue Er, was Ihm befohlen wurde“ oder so ähnlich. Davon ist das ganze Buch voll ohne anstrengend zu sein oder auf Mittelalter gekünstelt zu wirken. Es wirkt Echt. Danach fällt auf, dass Emma Wittenstein im Vergleich zum Vorgängerroman sprachlich viel sorgfältiger gearbeitet hat. Die Mühe hat sich gelohnt, denn es ist ein sehr schönes Buch. Es bildet sogar. Es bildet handelspolitischen Sachverstand mit ganz einfachen Mitteln. An manchen Stellen blitzt der Schalk durch. Dann könnte das Mittelalter auch ein ganz gewöhnliches wirtschaftskriminelles Politikum der Gegenwart sein.

cover rezi aufruhr am Rvk

Der letzte Mord in diesem Krimi ist die Hinrichtung des wirklichen Täters. Sie findet öffentlich statt wie eine Mittagssendung des Privatfernsehens. Der Kopierer als Mann der Bücher legt keinen besonderen Wert auf das Schauspiel.

(Emma Wittenstein, „Aufruhr am Ryck“, Hinstorff-Verlag, Rostock 2014)

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