BEWEGUNGSMELDER: Zerstrittene Friedensstifter

BEWEGUNGSMELDER

Zerstrittene Friedensstifter

 Die Aktion Friedenswinter wollte im Dezember 2014 eine Mahnwache abhalten. Jutta Ditfurth  mahnte alle, die sich daran beteiligen wollen, vor dort ebenfalls teilnehmenden Kräften einer antisemitischen Querfront, ganz prominente Expolitiker warnten in einem Aufruf vor dem Krieg in der Ukraine, und Friedensforscher haben herausgefunden: Kriege wären vermeidbar, wenn die Politik rechtzeitig auf die Friedensforscher gehört hätte.

Am 02. Dezember 2014 gab es in der Zeitung „Junge Welt“ den Beitrag „Nein sagen wie Liebknecht“. Karl Liebknecht war derjenige Reichstagsabgeordnete, der 1914 NEIN zur Bewilligung von Krediten zwecks Führung eines Krieges sagte. Der Erste Weltkrieg fand trotzdem statt und 100 Jahre später ist der Taumel der Kriegsbegeisterung in den Medien fast so widerlich wie die Begeisterung der Soldaten damals, die wie Hammel zur Schlachtbank nach Frankreich fuhren. Die Begeisterung der Medien ist vergleichsweise verschleiert. Sie tun so, als würde es nicht um den Dritten Weltkrieg gehen, der aus dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine entstehen kann, sonder einzig darum, dass Tante Germania und Onkel Sam dem unartigen Neffen Wladimir einen pädagogischen Klaps auf den Popo geben wollen. Weil der Neffe in Moskau ist, müssen Onkel und Tante dahin, und sie planen ihre Reise mit dem Reisebüro NATO-TOURS. Das war so ungefähr das Thema des Beitrags. Die Redaktion der Webseite „Hinter den Schlagzeilen“ übernahm des Artikel und erzielte prompt zwei Kommentare. Einer der Kommentare wies per Link auf eine Aktion „Friedenswinter 2014/15“ hin.  Es handelt sich um einen Aufruf zur „Friedenslogik statt Kriegsrhetorik“. – Die Fähigkeit, durch den Gebrauch der Sprache Streitfälle zu beschwichtigen, scheint also als Idee auch immer mehr Anhänger zu finden. Vielleicht wird es ja doch eines Tages möglich werden, dass Fausthiebe zu Streicheleinheiten werden. Der Aufruf stammt von der „Kooperation für den Frieden“.  Darin steht:

„Nach der Friedensdekade der Kirchen soll ein erster Höhepunkt eine Aktionswoche vom 8.12. bis 13.12.2014 sein, mit regionalen Kundgebungen u.a. in München, Hamburg, Leipzig, Heidelberg und dem Rhein-Ruhr-Gebiet. Einen zweiten Anlass für größere Aktivitäten wird die Münchner Sicherheitskonferenz vom 6.-8. Februar 2015 geben. Und nach den Ostermärschen wird dann auch der 9. Mai 2015, der 70. Jahrestag der Befreiung von Krieg und Faschismus, einen wichtigen Termin im kommenden Jahr darstellen.“

Irgendwo in dem Aufruf muss aber ein Hinweis auf
Antisemitismus versteckt sein, sonst hätte ihn die Pazifistin Jutta Ditfurth nicht finden können. Hat sie aber. Sie hat auch ihrerseits einen Aufruf verfasst, in welchem sie mahnt, an der Mahnwache der Kooperation nicht teilzunehmen, weil da Antisemiten mitmachen, die sie namentlich als führende Köpfe der Partei „Die Linke“ benennt.
Genauer gesagt: eine „antisemitische Querfront“. Es ist mir nicht klar geworden, ob die antisemitische Querfront als Ergebnis einer Analyse existiert oder doch eher einer von Vorurteilen bestochenen Betrachtung entspringt. Dann kam noch ein Aufruf von prominenten Expolitikern, und richtigen Schauspielern. „Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen“ heißt der. Darin steht unter anderem:

„Niemand will Krieg. Aber Nordamerika, die Europäische Union und Russland treiben unausweichlich auf ihn zu, wenn sie der unheilvollen Spirale aus Drohung und Gegendrohung nicht endlich Einhalt gebieten. Alle Europäer, Russland eingeschlossen, tragen gemeinsam die Verantwortung für Frieden und Sicherheit. Nur wer dieses Ziel nicht aus den Augen verliert, vermeidet Irrwege.“

Was soll nun eine Regierung machen, wenn drei Stimmen Gegensätzliches von ihr fordern? Soll sie dann auf die Vierte Stimme im Meinungskonzert hören? Auf die Stimme der Friedensforschung? Die kam gerade zu dem Forschungsergebnis: „Kriege sind vermeidbar.“ Da wäre nur eine klitzekleine Betriebsbedingung zu erfüllen: Die Politik müsste RECHTZEITIG auf die Friedensforschung hören.

Auf alles das ist Josef Joffe nicht gekommen, als er vom Tagesspiegel gefragt wurde: „Was macht die Welt?“

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