Rezension „Rostock. letzte Runde“
„Irreführende Krimigroteske“
(von Helene Musfedder)
Hinstorffs Ostseekrimis scheinen zeitlos werden zu wollen oder ewiggeltend. Die meisten sind aktuell-gegenwärtig, zwei handelten im Mittelalter, und nun gibts einen, der „vorläufig zukünftig“ ist. Seine Handlung beginnt in zwei Jahren. Wenn man ihn 2017 noch mal liest, wird er ganz anders wirken als jetzt, 2015. Die handlung in der Zukunft ist nicht die einzige Groteske in Volker.H. Altwassers Ostseekrimi „Rostock, letzte Runde.“ Die erste Groteske ist der Eindruck, dass lauter fiktive Personen real werden und sich darüber empören, dass einer von ihnen ein Mörder sein soll. Das einzige scheinbar Feststehende ist die Existenz von zwei Autoren, von denen einer ermordet wird und der andere soll dessen angefangenen Thriller zu Ende schreiben. Demnach muss Altwasser der dritte Autor sein. Jedoch versucht er glaubhaft zu machen, er sei sowohl der zweite wie auch der dritte Autor. Und auch er kennt den ersten Autor, der tot vor dem Männerklo einer stinkigen Kaschemme liegt. Wenn die Geschichte nur aus dem versoffenen Privatdetektiv aus Nordrussland und den versoffenen rauchenden, pinkelnden und vögelnden Gästen in der Kneipe bestünde, die dort wegen eines Schneesturms gefangen sind, wäre es auch schon ein recht grotesker Krimi geworden. Wozu also noch der Ich-Erzähler, der den Toten kennt und behauptet, der selbst trüge den gleichen Namen wie der Verfasser, der tatsächlich außen auf dem Cover steht? Irgendwann geht diese Verwirrspur nicht mehr logisch weiter. Dann kommt schon wieder die nächste. Da steht nämlich die Geschichte, die hier erzählt wird, in den Grundzügen bereits in einem Manuskript des Toten. Und wieder wird man um den Aha-Effekt gebracht. Stattdessen rezensiert sich entweder der wirklich oder der vermeintliche Autor selbst. Der dritte kann ja nicht, der ist ja tot. Der Kern der inneren Rezension ist die Behauptung, dieser Krimi sei unrezensierbar für alle, die ihn nicht selbst geschrieben haben. Wenn das stimmt, liegt es an der Absicht, einen vollkommen regelwidrigen Krimi zu schreiben, der das ganze Genre grotesk ad absurdum führt.
(Volker. H. Altwasser, „Rostock, letzte Runde“, Hinstorff-V erlag, Rostock 2015