REZENSION: Das Konzil der Tiere

Rezension „Das Konzil der Tiere“

„Wenn die Schöpfung die Menschen erzieht“

Peter Spangenberg schrieb ein Fabelbuch über eine Beratung der Schöpfung. Die Schöpfung klagte, dass sich ein Teil von ihr als Herrenmensch aufspielt und allen anderen die Lebensgrundlagen entzieht. Aber ihre Klagen sind konstruktive Kritik an den gesamtgeschöpflichen Verhältnissen. Die gesammelten Reformvorschläge wollen sie dann dem Schöpfer vortragen, denn einer muss ja immer die Arbeit machen, und da ist es gut, wenn es einer ist, der das kann. Bevor aber nun Raubtiere Vegetarier werden sollen, damit fürderhin nicht einer den andern frißt, passiert ein Moment des Ausgrenzungsrealismus, der ähnlich auch zwischen Menschen in noch immer relativ wohlhabenden Staaten und Flüchtlingen aus Gebieten besteht, in denen das Prinzip Staat als „Straßenverkehrsordnung“ der Gesellschaft funktionsunfähig ist. So etwas geschieht durch Krieg, Rohstoffausbeutung, Umweltverschmutzung und dem Wegfall der Verantwortung vor der Gier nach Profit – der niemals so hoch sein kann, um die angerichteten Schäden zu beseitigen, die ihn erst ermöglicht haben. Analog zur Ausgrenzung des Menschen durch den Menschen wollen in der Fabel die Tiere die Blindschleiche ausgrenzen, weil sie sie für eine Schlange halten. Sofort kommen die Ressentiments gegen unheimliche Fremde hoch: Sie laufen nicht, sie fliegen nicht, sie töten mit Gift statt mit einem Kräftigen Biss in die Halsschlagader, und sie kennen nicht den Wunsch, Gutes zu lernen. Es dauert auch in der Fabel einen Moment, bis aus der einhelligen Ablehnung des Fremden durch besorgte Gutschöpfungsmitglieder die Bereitschaft entsteht, auch unbekannte oder fremde Schöpfungsmitglieder als Mitglieder der Schöpfung zu betrachten. Frieden zu lernen ist eine Erziehungsfrage. Und dazu braucht man keinen Pauker, sondern jemanden, der Neulinge im Leben beim Erlernen des Friedens durch die Erfahrung von Gemeinsamkeit und Miteinander hilfreich zur Seite steht.

(Peter Spangenberg, “Das Konzil der Tiere”, Eschbach 2009)

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