FEUILLETON-REZENSION: Das Ende des Endes der Geschichte

FEUILLETON-REZENSION

Buchtitel: Das Ende des Endes der Geschichte
Autor: Alex Hochuli/George Hoare/Philipp Cunliffe
Verlag:Promedia-Verlag
Name des Rezensenten: Hannes Nagel

„Fukuyama widerlegt: Geschichte geht weiter“

Das Ende eines Endes ist entweder en Neuanfang, dem ein Zauber innewohnt, oder eine Michung aus Apokalypse, Götterdämmerung, Armageddon oder selbstverschuldeter Vernichtung der Lebensgrundlagen der Schöpfung im Allgemeinen durch die völlig verblödet auftretende Krone der Schöpfung. Ein Brasilianer und zwei Engländer haben 2021 das Buch „Das Ende des Endes der Geschichte“ geschrieben. Nach Übersetzung ins Deutsche durch Stefan Kraft gab der Wiener Promedia-Verlag dem Buch 2022 eine mediale Startbasis im deutschsprachigen Raum. Hinten weisen die drei Autoren der Jahrgänge 1985, 84 und 80 die Leser darauf hin, dass sie ihre Gedanken üblicherweise mittels Podcast verbreiten. Die Freiheit der Zugänglichkeit zun dem Podcast behindern sie jedoch durch eine erfolgreiche Spendenzahlung, gestehen die Autoren , die zwischen 37 und 42 Jahren alt sind. Wenn das Geld im Kasten klingt, der Podcast auf den Rechner springt. Mal sehen, wie lange sie brauchen, um zur Reife der Zahlungsmoderatheit vorzustoßen. Junge Menschen brauchen halt Geld. 1

Nach der Selbstdarstellung kommt das Inhaltsverzeichnis

Erst haben sich die drei vom Buch selbst vorgestellt – oder vorstellen lassen – jedenfalls sind sie nachprüfbare Personen und keine Avatare. Nach dem Selbst stellen sie das Werk vor. Und hier beginnen sie mit einer Überschrift, die mehrerere Enden der Geschichte suggeriert. Das ist unnötig, denn Geschichte hat überhaupt kein Ende, weder eines noch viele. Oder wie ein berühmter Bayer sagte: „A bissel was geht immer“. 2 Aber sie steigern sich und kommen zu recht originellen punktgenauen Zusammenfassungen einer Lage in nur einem Satz . Sie schreiben also völlig unaufgeregt ins Buch, dass der Wegfall des Ostblocks für Langeweile gesorgt hat. „Keiner interessiert sich mehr für Politik, nur noch für Konsum“. Aber jetzt, wo es „fast zu spät“ sei, würden Menschen das politische Denken wieder neu erlernen, welches in der Zeit der Spaßgesellschaft kulturell verkümmerte wie jede andere Fähigkeit, die mangels Training vergeht.

Insofern könnte man Social Media Lerner und Über betrachten, deren Talent sich durch Erfahrung erst noch herausbildet, während die ersten Versuche der sozialen Medien um gesellschaftliche Kompetenz noch kein eigenständiges Denken mit Verantwortungsbewusstsein erkennen lassen. Aber es entwickelt sich vielleicht doch noch etwas daraus.

Vom Kommunismus und vom Kapitalismus

Eigentlich ist mit dem Kommunismus der Kapitalismus auch ein Stück weit an den Flügeln gestützt worden. Denn es blieb, so sagen die Autoren, nur der Konsumismus. Auf der Suche nach einem „Sieger der Geschichte“ sehen sie nur den Konsumenten. Der Kapitalismus berappelte sich und begann, mit Propaganda und Marketingpsychologie die Konsumenten den Bauchnabel zu pinseln, damit sie nicht merkten, dass mit dem Verlust des politischen Denkens angesichts von ausreichend Konsumentenspielzeug auch die Freiheit vergangen war oder vergänglich wurde. Kosumentesspielzeug hat einzuig den Zweck, die Kosumenten aktiv an ihrer kreativen Verödung mitwirken zu lassen, indem sie die Lust verlieren, Selbstverständlichkeiten zu hinterfragen.

Mit Globalisierung, Umweltkrisen, Minilohnsektor und Sozialabbau spürten dann auch die Kinder in den Kinderzimmern neoliberalisierender ehemaliger Wohlfahrsstaaten, dass der hätschelnde Wohlstandskapitalismus nur die Propagandafassade für den armen Osten war. – und jetzt dachten sie, mit der Finanzindustrie den Pyrrhus-Sieg des Kapitalismus im Streit mit dem sozialistischen Lager doch noch für sich entscheiden zu können. Um doch noch mal Wohlstand für Alle, wirklich Alle, zu erreichen, muss man aber Bescheidenheit lernen.

Schluss

Von da an wird die Nutzung mdes Plurals in Ende und Geschichte klar: Denn ein jegliches hat seine Zeit. Der Beginn einer Geschichte und das Ende einer Geschichte, aber aller Geschichten. Der Frieden hatte einen Anfang und er fand gerade wieder ein Ende. Der Wohlstand hatte eine Zeit, und er fand sein Ende in der Globalisierungsgier. Die Demokratie hatte viele Anfänge, und sie hatte immer wieder einen Neubeginn.

Aber um DAS mitzuteilen, hätte ein Essay auch gereicht.

(Alex Hochuli/George Hoare/Philipp Cunliffe: „Das Ende des Endes der Geschichte”, Promedia-Verlag, Wien 2022)


1  Ältere aber auch – Hannes Nagel

2  Monaco-Franze, „A bissel was geht immer“, Kultfilm von 1983

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