Apropos Amtsdeutsch

Hannes Nagel

Die unhöflichen Texte aus Amtsstuben grenzen an verbale Körperverletzung. Das war nicht immer so. Noch um 1990 herum gab es Behördenbriefe an Bürger, in denen bisweilen ein freundlicher Sprachgebrauch angewendet wurde. Wenn einem solchen schriftlichen Sprachgebrauch dann auch noch ein höflicher Umgangston folgt, wenn Bürger und Behörde sich Aug in Auge gegenüberstehen, könnte sogar eine kultivierte Kommunikation heraus kommen. (Wobei: Meist steht der Bürger und der Behördensachbearbeiter sitzt, und kaum kann er dem Bürger in die Augen schauen).

Die Höflichkeit ist vorbei. Wie so viele andere Umgangsformen, Rechte, Ansprüche, Möglichkeiten ist die Höflichkeit eingeschränkt, verweht, begraben, weg, perdu. Schade.

Eine Zeitung, die sonst eher als solides und biederes Behördensprachrohr auftritt, besann sich nun kürzlich auf ihre Kernkompetenzen. Sie erinnerte sich, dass eine der Aufgaben der Presse ist, Missstände in der Gesellschaft aufzugreifen, öffentlich zu machen und damit Voraussetzungen zu ihrer Korrektur zu schaffen. Und darum gab es einen ganzseitigen Artikel. Der hieß: „Deutschkurs für den Amtsschimmel“.

Darin ging es um Beispiele, wie in verschiedenen Regionen Deutschlands unverständliche Behördenschreiben umformuliert werden. Auf das sie verständlich werden. Denn Verständlichkeit ist die erste Stufe der Höflichkeit.

Weil Zeitungen nun aber auch den regionalen oder lokalen Bezug herstellen müssen, fragte die sie nach, was im Landkreis so für die Höflichkeit der Behörden getan wird. Im ganzen Land Mecklenburg -Vorpommern gibt es keine Versuche, die Behördensprache zu verbessern. Schrieb die Zeitung. Befragte Kommunen ließen extra gestelzt antworten, dass es keinen Grund gäbe und also alles gut sei, weil es der Vorschrift folge. Und das heißt frei übersetzt, dass die Behörden des Landes den Bürgern mitteilen, was sie sie können.

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