Glosse: X mal minus eins ist gleich minus

Quergedachtes

Donnerstag, 18. Februar 2010

Hannes Nagel

X mal minus eins ergibt Minus

Kreativität ist etwas, was bewegt. Einen Karren im Dreck kann man mit etwas Bewegung wieder flott machen. Man kann ihn aber auch völlig im Sumpf versenken. Wohin die Bewegung geht, hängt vom Richtungssinn ab.

Kreativität hat auch das Buverfgericht von der Politik verlangt, als es ihr die Neuregelung der Hartz-Vier-Berechnung aufgab. Leider gab das Gericht den Politikern nicht den Richtungssinn vor. Also meinten die Politiker, Karlsruhe hätte ihrer kreativen Fantasie die Aufgabe gestellt: Wie verringert man die verfassungswidrig niedrige soziale Hilfe, ohne gegen die Vorgabe aus Karlsruhe zu verstoßen? Das geht, fanden die Politiker, ganz einfach: Man multipliziert den Regelsatz mit minus eins und legt etwas drauf. Dann wird formal der Regelsatz größer, aber durch den Wechsel des Vorzeichens wird hinten abgezogen. Verarschung geglückt. Es entsteht eine exponentiell fallende Kurve, wenn die Funktion der deutschen verantwortungsvollen Sozialpolitik grafisch dargestellt würde. Das andere Modell geht so, sagen die Sozialmathematiker: Man senkt den Regelsatz und erhöht den Zuverdienst. Das es den nicht gibt, ist eine irrelevante Annahme, die ausgeklammert wird. Da wäre es doch besser, die Sozialhilfe komplett abzuschaffen und durch einen menschenwürdigen Zuverdienst zu ersetzen. Früher nannte man das Vollbeschäftigung.

Aber dafür braucht man Kreativität.

Dieser Beitrag wurde unter Baron von Feder veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.