Gesellschaft: Kein geeigneter Kandidat

Mittwoch, 23. Juni 2010

Hannes Nagel

Wie das Land, so der Bundesrepräsentant

Der Bundespräsident soll den Staat im Ausland und bei Empfängen repräsentieren. Die Amtsinhaber sind wechselnde Köpfe auf dem sonst immer gleichen Etikett der Flasche „Deutschland“. Am 30. Juni ist Etikettenwechsel. Aber welcher Kopf paßt auf das Bild, das Volk und Ausland zu vermitteln ist? Der eine Bewerber war zuvor aktuell praktizierender Ministerpräsident. Seine Bewerbung sehen die Oppositionsparteien nicht gerne, weil sie nach Investitur von Merkels Gnaden aussieht. Der Herr Wulff sollte es eigentlich werden, weil eine derartige Einsetzung dem Volk und dem Ausland vermitteln, wieviel Essig im einst edlen Verfassungströpfchen ist. Sie brachten daher Herrn Gauck ins Spiel, den Bürgerbewegten und Bürger Bewegenden Schrecken der kleinen und großen Saugnäpfe an den Tentakeln des Kraken Staatssicherheit der DDR. Gewönne er die Wahl, stünde auf dem Etikett „Moselschlecker“. Schlecken hin, schlecken her – das Tröpfchen käme nicht von der Mosel, sondern aus dem Weingut Berlichingen an der Aar. Und das kann man keinem anbieten, der lieber Moseltröpfchen schleckt. Eine Alibikandiatin ist auch noch da. Sie heißt Frau Jochimsen und ist nur deshalb aufgestellt worden, weil sie es nicht werden kann. Aber man kann ja mal so tun, als ob drei Kandiaten für das Etikettenbildchen fair miteinander im Wettbewerb stehen. So gesehen gibt es nur einen Präsidenten, dessen Wahl kein Etikettenschwindel wäre, und der heißt Wulff. Aber schön wäre das auch nicht.


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