Rezension: Das Leben ist von zeitloser Eleganz

Rezension: Rheinsberger Träume

Montag, 07.Juni 2010

Das Leben ist von zeitloser Eleganz

Autor: Hannes Nagel

Halt mal ein, Du“, ruft eine Stimme zwischen den Zeilen von genau dem Buch, welches sich in den Händen des Rezensenten befindet, um gelesen zu werden. Der Rezensent gehorcht, obwohl er eigentlich niemals einem Befehl gehorcht, seit die Dressurversuche von Schule, Militär und Arbeitsamt eine umfassende Allergie gegen die Anmaßende Tonart jeglicher Form von Befehl und Weisung ausgelöst haben. Wer weiß, vielleicht hat die Stimme einen netten Akzent oder einen höflichen Klang. Jedenfalls gehorcht der Rezensent und hält mal ein. Das Buch präsentiert seinen Titel, „Rheinsberger Träume“ heißt es und fragt nachdrücklich: „Na? Rheinsberg? Klingelts?“. Leise läuten zwei Glöckchen.

Eine Finnhütte am See, rings herum Wald, eine Stubenfliege als Haustier, ein Waschbär als Gast und nette Menschen mit Ex-Berufen und Ex-Biographien in einer Ex-Zeit ist eigentlich schon alles, was in Knut Henßlers Buch vorkommt. Ünüberlesbar ist die Nähe zu Theodor Fontane. Aber die Nähe ist gewollt, wie auch die Nähe zu einer Vielzahl anderer Schriftsteller. Henßlers Buch ist sizusagen ein Assoziationsmedley mit gechickter Moderation. Reichhaltig wachsen Humor und Liebenswürdigkeit aus dem Text heraus wie Pilzen und Beeren in den Wäldern um Rheinsberg. Der Autor ist jemand, der Zeitgeschichte mit wachem Blick begleitet und erlebt hat. Ab und zu taucht er – und des Büchleins Hauptperson taucht mit ihm – in die Geschichte hinab. Wäre die Geschichte ein See, man erreichte den Grund, indem man wie in einem Märchenfilm durch die Oberfläche eines Glases Rotwein gleitet. Wie würden wohl Geschichtsdokumentationen im Fernsehen aussehen, wenn Guido Knopp durch das Glas in die Geschichte tauchte? Milder? Ausgeglichener? Fontanischer?

Rheinsberger Träume“ ist ein weises Buch, in welchem sich die Weisheit schüchtern eine Hand vor den Mund hält. Davon lasst uns alle träumen.

Kurt Henßler „Rheinsberger Träume“, Scheunen-Verlag ( www.scheunen-verlag.de ) , Kückenshagen 2010, rund acht Euro

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