Rezension: “Krügers Erbe”

Dienstag, 28.12.2010

Rezension Krügers Erbe

Hannes Nagel

Die ganz normale Kriminalität

Krimis mit dem Hinweis, dass alle Ähnlicheiten von Orten, Handlungen und Personen mit realen Orten, Handlungen und Personen rein zufällig sind, können theoretisch überall spielen. Sie können spielen in Rostock und in Zwickau, in Weimar und in Greifswald, in München und in Hannover. Einen solchen fiktiven thüringischen Krimi hat Klaus Jäger geschrieben. Der Krimi weicht vom üblichen kriminalliterarischen Strickmuster etwas ab.

Eigentlich werden in „Krügers Erbe“ keine Ermittler benötigt. Sie kommen aus dem Mustopf, plumpsen immer wieder in ihn hinein, und die zuständige Kommissarin bringt immer unerledigte Fälle zu ihrem Chef, der sie dann ein bisschen mobbt. Dann weint die Kommissarin, bedauert, dass sie auch zur Kakteenpflege zu doof ist, und die Hintergründe des Falles recherchiert ein Journalist. Das ist ein richtiger Rechercheheld, denn er ist per Testament als Erbe des Vermögens seines Freundes Stefan Krüger eingesetzt worden. Voll involviert in den Fall, muss er dennoch kühl recherchieren und darf sich mit der Sache nicht gemein machen. Der Rechercheheld arbeitet bei einer Lokalzeitung, was insofern bedeutsam ist, dass er mit seinen gründlichen, fast investigativen Methoden, eigentlich überqualifiziert ist für eine Lokalzeitung. Vielleicht ist diese Konstellation auch nur eine Hommage an den guten alten Qualitätsjournalismus, der vielerorts den Bach herunter geht. Anlass für die Recherchen ist der Fakt, dass der Verstorbene an einem Brecheisen auf dem Hinterkopf gestorben ist. Als gering bezahlter Fahrradkurier hinterlässt er drei Millionen Euro auf einem luxemburgischen Konto. Erspart ist das nicht, findet der Rechercheheld. Daher sammelt und bewertet er Informationen, während die Kommissarin weint und ihren Kaktus bedauert, der wegen falscher Pflege nicht blühen will. Durch die Recherchen findet der Journalist heraus, dass sein vermeintlicher Freund sein Geld mit Kinderpornos verdient hat. Den Schlag auf den Hinterkopf hat dem Freund ein damaliges Opfer verpasst, welches in Australien eine Rinderzucht aufmachen will (Wieso eigentlich nicht Schafe?). Dem Journalisten vergeht die Lust an den drei Millionen. Er kauft sich nur ein Auto für 40.000 und den Rest verteilt er. Das Opfer kriegt Geld für den Neustart in Australien, das andere kriegt ein Verein zum Schutz vor Kindesmissbrauch. Frau Guttenberg ihr Verein ist es nicht. Jedenfalls taucht der Name nicht auf. Ähnlichkeiten sind schließlich rein zufällig. Trotz aller Einfachheit ist es ein Vergnügen, den Krimi zu lesen. Oder wegen?

Klaus Jäger, „Krügers Erbe“, Greifenverlag zu Rudolstadt, 2010

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