Leserbrief von Ida L. aus M. a. A.

Leserbrief

heute von: Ida L. aus M. a. A

Freitag, 04. Februar 2011

Zulässig und zu lässig

Vor etwa drei Wochen ärgerte es viele, dass ein Vergleich heutiger Arbeitsverhältnisse mit solchen des Dritten Reiches zur Kündigung des Arbeiters führen dürfen und wahrscheinlich auch sollen. Amtlich heißt es, dass Vergleiche mit damals unzulässig sind. Aber woher kommen die Vergleiche denn? Kommen sie unbegründet, werden sie mit dem Ziel, schlechte Stimmung zu verbreiten und den Betriebsfrieden zu stören, an den Haaren herbei gezogen? Oder drängen sie sich auf, weil an den Verhältnissen tatsächlich etwas so unschön ist wie damals? Zum Beispiel die Tonart: Kommando, Drill Zack-Zack – wer denkt bei sowas nicht sofort an Militär und bei Militär an Nazis? Demzufolge sind Vergleiche zulässig. Aber nehmen wir nur kurz mal an, dass Vergleiche unzulässig sein können: Müssten dann nicht auch Empfindungen unzulässig sein dürfen? Man darf die Suppe als salzig empfinden, wenn das schwarze Schaf der Familie sie gekocht hat; man darf sie nicht als salzig empfinden, wenn der Liebling der Familie gekocht hat. Auch wenn die Suppe zum Wegkippen schmeckt. Die DDR darf man – so machen es Politiker vor – gerne und immer mit allem aus dem Braunen Reich vergleichen. Es muss gar nicht stimmen, Hauptsache, es wird verglichen. Bei dem Vorbild: Wie soll da ein Arbeiter rausfinden können, ob seine Empfindungen über Chefgebrüll, Lohnschikanen, Urlaubssperren und so weiter unzulässig sind?

Dieser Beitrag wurde unter Baron von Feder, Feuilleton-Zeitgeist veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.