Quergedachtes: Das Militär bewertet sich selbst

Dienstag, 18. Oktober 2011

Autor: Hannes Nagel

Quergedachtes: Das Militär bewertet sich selbst

In Dresden ist das militärhistorische Museum neu eröffnet worden. Das Ereignis erföffnet dem „Flugblatt“ die Möglichkeit, über Kriegsverherrlichung, Kriegsverharmlosung und die fehlende Unterscheidbarkeit des Wesens aller Militärtätigen quer zu denken.

Als das neue alte Museum eröffnet wurde, schrieb die Ostseeezitung (www.ostseezeitung.de), es sei eine „irreführende Ausstellung“, die man dort zu sehen bekommt, weil sie die didaktische Absicht habe, „den Krieg nachempfindbar zu machen“. Die Formulierung mit der Nachempfindbarkeit von Kriegen hat der Zeitung zufolge die Leiterin des Sachgebiets Kunst des Museum benutzt. Vielleicht hat sie früher mal Erich Maria Remarque gelesen und weiß daher, dass Nachempfinden nicht unbedingt schlecht sein muss. Es kommt eben nur darauf an, wohin das Nachempfinden führt. Remarque hat denn Ersten Weltkrieg in „Im Westen nichts Neues“ nachempfindbar beschrieben. Am Ende der Nachempfindens ist man im Idealfall Pazifist, oder man ist gleichgültig oder ein Möchtegern-Clausewitz. Ähnlich starke Empfindungen löst auch Remarques Roman „Zeit zu leben und Zeit zu sterben“ aus, der dem Laufe der Deutschen in der Geschichte folgend den Zweiten Weltkrieg thematisiert.

Pazifisten hervorzubringen, indem der Krieg nachempfindbar gezeigt wird, ist ausdrücklich nicht die Absicht der Militärtätigen. Sollte jemand die Ausstellung als Pazifist verlassen, so ist er aus Sicht des Militärs ein Kollateralschaden. Hier steckt das Militär in einem Dilemma. Einerseits muss es, um den Krieg nicht zu verherrlichen, ihn abschreckend zeigen und sich selbst als potentielle Mörder, andererseits will es mit der Legende von wahlweise Volksarmee oder Verteidigungsarmee sich gerade als Beschützer der Menschen in ihrem Land darstellen.

Dem Artikel der Ostseezeitung zufolge kennt die Bundeswehr das Dilemma genau und weiß, auf welchem dünnen Eis sie operiert. Deshalb hat sie, so die Zeitung, einen Polit – nein, Pressestabsoffizier in die Ausstellung installiert, der im Falle von Kritik verteidigungspolitische Überzeugungsarbeit leisten soll. Denn: „Natürlich gibt es auch immer Menschen, die der Bundeswehr kritisch gegenüber stehen“.

Na Gott sei Dank auch.

Denn es stimmt mitunter gar nicht, dass die Demokratie wehrhaft sein muss. Sie muss friedensfähig sein. Aber Friedensfähigkeit lernt man nicht durch Wehrerziehung. Was meinen Sie, wo findet die Liebe ihr Glück? In Wehrhaftigkeit? Feind abgewehrt, Liebe tot – na und – Kollateralschaden? Oder findet Liebe ihr Glück in der Friedensfähigkeit? Ich persönlich will mich nicht erst als 1 tapferer Recke aus der Rüstung schälen müssen, wenn ich Luise zur Königin der Lust huldigen will. Ich will auch nicht ständig in einer Hand eine Waffe tragen müssen, wenn ich zwei Hände nutzen könnte, um Luises geschmeidigen Rücken zu streicheln. Wenn Sie verstehen, was ich meine.

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