BEWEGUNGSMELDER: Freier Handel, unfreies Leben

BEWEGUNGSMELDER

Freier Handel, unfreies Leben

Eine Million Stimmen will der campact- geführte Widerstand gegen die europäisch-kanadischen und europäisch-amerikanischen Freihandelsabkommen sammeln. Eine Million Stimmen sollen dem Wohl der Investoren und dem Weh der Schöpfung ins Ohr klagen. Wenn man Heuschrecken, Zockern und Spekulanten ins Gewissen reden will, muss die Rede so gut werden, dass eine Million Stimmen einen anderen Chor singen als die Verfechter ungestrafter Handelsfreiheit zum alleinigen Vorteil der Großaktionäre und zum ausschließlichen Nachteil der zu diesem Zweck Herangezogenen.

Das Unbehagen der Menschen gegenüber den beiden Freihandelsabkommen TTPIP und seiner Testversion CETA rührt hauptsächlich daher, dass die Bürger nicht wissen sollen, was drin steht. Und dann werden die Menschen auch noch Verbraucher genannt. Verbraucher klingt nach Abfallbeseitigung und Resteverwerter. Wollen Sie so genannt werden? Sind Sie bereit, freiwillig von sich und ihrer Rolle in dieser Form zu reden? Sind Sie nicht auch Mensch?

Was wird denn wahrscheinlich passieren, wenn die Abkommen in Kraft treten? Nachteile werden genmanipulierte Lebensmittel sein, für die in letzter Zeit oft der Ausdruck Monsantierung zu hören ist. Monsanto ist ein amerikanischer Lebensmittelkonzern, der zunächst durch rücksichtslosen Einsatz von Herbiziden berüchtigt wurde und heute ähnlich wie Google als Inbegriff für „Suchmaschinen“ als Inbegriff für „Genmanipulierung“ steht. 2009 wollte Monsanto die genmanipulierte Maissorte MON810 versuchsweise in der europäischen Union ausbringen, scheiterte dann aber an öffentlichen Protesten. Wie man hörte, ließ darauf hin das amerikanische Handelsministerium den deutschen Botschafter in den USA „antanzen“. Europa habe gefälligst für den Abbau von Handelshemmnissen zu sorgen. Mit einem Abkommen wie TTPIP oder CETA müsste Monsanto sich solche Sorgen nicht mehr machen.

Vielleicht könnten sogar rechtliche Nachteile für Arbeitsvertragsinhaber die Folge sein. Angestellte in Deutschland, die für amerikanische Investoren arbeiten, könnten auf diese Weise amerikanischem Recht unterstellt werden – bis hin zur Todesstrafe? Die Freihandelsabkommen mit USA und mit Kanada haben mit der klassischen Idee vom Freihandel nichts zu tun und beweisen dadurch, dass es um etwas ganz anderes gehen muss, was mit sehr hohem Aufwand verschwiegen wird. Freihandel bedeutet nur, dass im grenzüberschreitenden Handel und dem grenzüberschreitenden Austausch von Waren und Dienstleistungen keine Zölle oder mengenmäßige Beschränkungen zulässig. Kanada oder Amerika könnten demnach in unbeschränkter Größenordnung genmanipulierten Mais oder monsantierte Kartoffeln nach Deutschland exportieren. Das wäre aber noch gar nichts gegen den Profit, der entsteht, wenn derart unbrauchbare Lebensmittel direkt vor Ort angebaut werden. Versuche gab es. Da kamen Umweltschützer und zertrampelten die Felder. Aus den bisherigen größeren Freihandelsabkommen ist lediglich bekannt, dass Staaten um Schadensersatzsummen an Firmen in Höhe von einigen hundert Millionen bis zu einer Milliarde Dollar verurteilt worden. Sie nennen es Investitionsschutzklauseln. Unternehmen können Staaten verklagen. Angenommen, ein amerikanische Ölunternehmen würde millionenfache Barrelmengen an Erdöl aus deutschem geologischen Untergrund durch Fracking holen, und eine deutsche Regierung würde Fracking verbieten, dann dürfte das amerikanische Unternehmen deutsche Steuerzahler auf Milliardenfache Strafzahlungen wegen entgangener Profite verklagen. Die Genpanscher von der Lebensmittelindustrie könnten sich dann wieder hinten rum das Anbauverbot aushebeln, indem sie den Klageweg pour le profit beschreiten.

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