REZENSION: Die Fertigmacher

REZENSION

Rezension „Die Fertigmacher“

„Systematischer Kleinkrieg gegen Bürgerrechte“

Eine Beschreibung deutscher Arbeitswelten kann sich nur auf westdeutscheArbeitswelten und seit 1990 auf gesamtdeutsche Arbeitswelten beziehen. Ostdeutsche Arbeitswelten kannten weder Streikrecht noch Bagatellkündigungen. Selbst in den westdeutschen Arbeitswelten muss es einmal eine Zeit gegeben haben, da Gewerkschaften und Betriebsräte bezüglich der Arbeitnehmerinteressen eine ziemliche starke Position gegenüber den Arbeitgebern hatten. Es scheint jedoch eine ziemlich starre Blockkonfrontation gewesen zu sein, denn nach dem Ende des Sozialismus, der Bipolarität der internationalen Politik und dem hemmungslosen Ausbau von Globalisierung und Neoliberalismus wurden Arbeitswelt und Arbeitsrecht, Kündigungsschutz und soziale Mindeststandard für eine einigermaßen akzeptable Teilung arbeitende Menschen, Gut-und Besserverdienennde Menschen sowie nicht-mehr-arbeitende-und trotzdem-besitzende Menschen systematisch aufgelöst. das zeigte sich darin, dass „die Reichen“ sich nicht einmal dann Sorgen machen müssen, wenn die ihnen gehörenden Betriebe bestreikt werden. Kein Streik kann nennenswerte und wer Umsatzeinbußen durch Profitausfall verursachen. Die eigentlich Arbeitenden verloren systematisch ihren Rechtsschutz. Das lag daran, dass „die Wirtschaft“ in Verbindung mit „der Justiz“ es geschafft hat, Arbeitnehmerrechte auszuhebeln und die Rechtschutzvertreter der Arbeitenden mit einem Kleinkrieg zu überziehen, der bis hin zur bewussten Zerstörung von Existenz und Gesundheit geht. Wie solches geht und wer solches tut, haben Werner Rügemer und Elmar Wienand in dem Buch „Die Fertigmacher“ beschrieben. (Werner Rügemer/elmar Wienand, „Die Fertigmacher“, Verlag PapyRossa, Köln 2014). darin wird unter anderem beschrieben, dass Arbeitgeber bei einer anstehenden Kündigungswelle mehr Rechtsberatung von professionellen Kündigungsanwälten erhalten als die Interessenvertreter der von zumeist Bagatellkündigungen als Vorwand betroffenen wehrlosen einfachen Angestellten. Arbeitgebern wurde daher mehrfach empfohlen, vorsorglich jedem Mitarbeiter über einige Jahre gestreckt „Faule Eier“ ins Ndest zu legen, sie darauf abzumahnen um im Bedarfsfall nachweisen zu können, der Mitarbeiter sei schon längere Zeit wegen fehlender Zuverlässigkeit aufgefallen. Und dann wäre es ein außerordentlicher Grund zur fristlosen Kündigung ohne Chance auf Kündigungsschutzklage. Und das geht durch nahezu alle Branchen durch: Gastgewerbe, Einzelhandel, Post, Pflegedienst, Innerer Dienst – selbst unter Beamten soll das vorkommen, aber da wird dann bestenfalls ein Karriereposten frei und Pensionen nur bei politischem Bedarf angekratzt. Völlig dem offenen diktatorischen Vorgehen frei gegeben sind Maßnahmen, bei denen durch Zersetzung von Familienverhältnissen oder partnerschaftlichen Beziehungen Druck auf das wunschgemäße Verhalten eines Betriebsrates oder eines Gewerkschaftsmitgliedes ausgeübt werden soll.

Man möcht doch dann sowohl interessehalber als auch wegen der Menschlichkeit wissen, wie bei der Bahn gegen den Chef der Lokführergewerkschaft Claus Weselsky vorgegangen wurde. Kurzzitat aus Spiegel Online:

Chef der Lokführer-Gewerkschaft: Weselsky beklagt “Pogrom-Stimmung gegen die GDL”

Claus Weselsky sorgt erneut mit einem drastischen Vergleich für Aufsehen. Der Chef der Lokführergewerkschaft beklagt im “Kölner Express”, dass “von interessierter Seite eine Pogrom-Stimmung gegen die GDL” erzeugt werde.

(Werner Rügemer/Elmar Wienand, „Die Fertigmacher“, Verlag Papy Rossa, Köln 2014)

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