FEUILLETON-ZEITGEIST: 6000 Füße nach Aleppo

Feuilleton-Zeitgeist

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„6000 Füße nach Aleppo“

Einen Tag nach der Raserei eines Sattelschleppers in einen bunt bevölkerten Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin mitToten und Schwerverletzten am 21. Dezember 2016 gab es in den Nachrichten des Senders N-TV eine bis dato unerhörte Meldung: Am zweiten Weihachtsfeiertag sollen 3000 Pilger zu Fuß von Berlin-Tempelhof nach Aleppo in Syrien aufbrechen.

http://www.n-tv.de/panorama/Zu-Fuss-von-Berlin-nach-Aleppo-article19377986.html

Drei Monate haben die Organisatoren eingeplant. Ihr Leiter ist eine polnische Journalistin, heißt es in der Meldung weiter. Niemand hatte den Plan zuvor publik gemacht. Die Planungen verliefen also im Stillen. Fast ein Jahr lang konnten 130 Personen planen und organisieren – von der Pilgerroute über die medizinische Versorgung bis zu den lästigen Formalitäten an Grenzübergängen und bei Konflikten mit Gesetzen in den jeweiligen Ländern. NTV schreibt, dass die Route über Tschechien, Österreich, Slowenien, Serbien, Mazedonien, Griechenland, Türkei nach Syrien gehen soll. Syrien ist nur einer von mehr etwa zehn Kriegen und einer großen Zahl gewaltätig ausgetragener regionaler Konflikte. Einer endete 2016 mit einem Friedensabkommen, und zwar ein innerere Krieg in Kolumbien. Zu befürchten ist möglicherweise dass der Krieg in Jemen so in den Blickpunkt rücken wird wie derzeit Syrien. Darauf deutet eine Zunahme der Medienberichte über Jemen hin. Wo Berichte zunehmen, sind Dinge im Gange. Ohne Dinge im Gange gäbe es nichts zu berichten. Die Zunahme der Berichte wirkt wie ein Frühwarnsensor. Da mag man sich vorstellen, dass der Pilgerzug nach Aleppo zum Frieden stiften auch friedensstiftende Pilgerzüge in alle anderen derzeitigen Kriegsgebiete nach sich zieht. Die unerhörte Begebenheit von 2016 erinnert an eine ebenfalls unerhörte Begebenheit von 1219. Damals ging der Mönch Franziskus von Assisi ebenfalls in den Nahen Osten und predigte vor dem tausendmann starken Heer des Sultans Melek el Kamil in Fariskar, dass niemand töten soll und das es keinen gerechten Krieg gibt. Der Sultan war beeindruckt, aber die Friedensstiftung blieb symbolisch. 797 Jahre später versucht eine ähnliche Aktion das gleiche Ziel zu erreichen.

 

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