FEUILLETON-KULTURBETRIEBLICHES: Schaugießen einer Glocke in Apolda

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„Schaugießen einer Glocke in Apolda“

Am 4. Juli passierte in Apolda etwas lange nicht Geschehenes: In aller Öffentlichkeit wurde eine Glocke gegossen. Die Glocke soll, sobald sie Geworden sein wird, in Kapellendorf wenige Kilometer von Apolda entfernt in der dortigen Kirch läuten. Der Glockengießer kommt, so berichtete die Nachrichtenagentur DPA, aus Passau. Schiller schrie das Gedicht von der Glocke 1799. Wie man verschiedenen Ortes lesen kann, hatte ihn dazu die Glockengießerei Mayer in Rudolstadt inspiriert.

Der DPA-Meldung zufolge wurde dei erste Glocke in Apolda vor drei Jahhunderten gegossen. Das muss dann 1722 gewesen sein.

In Schillers Gedicht von der Glocke kommt die Zeile vor: „Frieden sei ihr erst Geläut“. Zum allnotwendigen Friedensläuten passt auch ein Glockengedicht von Christian Morgenstern. Christian Morgenstern starb am 31. März 1914. Die Gräuel ders Ersten Weltkrieges bleben im daher erspart. Falls man hier von sparen reden kann. Wann Morgenstern das Gedicht schrieb und welcher konkrete Krieg des 19. Jahrhunderts den Anlass gab, war bislang nicht heraus zu finden. Der Wortlaut aber ist wie folgt überliefert:

„Die Kanone und die Glocke“

(Christian Morgenstern)

Die Kanone sprach zur Glocke:
„Immer locke, immer locke!

Hast dein Reich, wo ich es habe,
hart am Leben, hart am Grabe.

Strebst umsonst, mein Reich zu schmälern,
bist du ehern, bin ich stählern.

Heute sind sie dein und beten
morgen sind sie mein und – töten.

Klingt mein Ruf auch unwillkommen,
keiner fehlt von deinen Frommen.

Beste, statt uns zu verlästern,
laß uns einig sein wie Schwestern!“

Drauf der Glocke dumpfe Kehle:
„Ausgeburt der Teufels-Seele,

wird mich erst der Rechte läuten,
wird es deinen Tod bedeuten.“

Möge der Richtige endlich kommen.

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