Theo Fischer will nach Darsser Ort

 Das Flugblatt

Hannes Nagel

Dienstag, 19. Juni 2012

Theo Fischer will nach Darsser Ort

 Theo Fischer liegt in Barhöft. Theo Fischer würde lieber im Nothafen Darsser Ort liegen. Denn Theo Fischer ist ein Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Von Barhöft braucht er eine und eine halbe Stunde bis zum Eintreffen in seinem Einsatzgebiet. Von Darsser Ort aus wäre es nur eine halbe Stunde. Und bei Seenot zählt jede Minute. Von 2003 bis 2008 durfte Theo Fischer im Nothafen Darsser Ort liegen. Die Zufahrt des natürlichen Hafens versandet regelmäßig. Darum wurde die Zufahrt früher mit Baggern freigehalten. Heute wird nicht mehr gebaggert, weil der Hafen in der Kernzone des Nationalparkes Vorpommersche Boddenlandschaft liegt. Politische Einflüsse setzten durch, dass kein Bagger kommt. Theo Fischer liegt daher in Barhöft, damit es ihm nicht so geht wie den beiden Berufsfischern im Nothafen, deren Kutter nicht mehr auslaufen können, weil sie nicht mehr durch die Fahrrinne kommen. Es müsste mal gebaggert werden, aber der Bagger kommt ja nicht.

Das Thema Darsser Ort treibt der Besatzung von Theo Fischer zornige Wallungen ins Gemüt. Den Zorn schlucken sie herunter, weil ihnen nahegelegt wurde, empfohlen, geraten oder bedeutet, sich nicht allzu ausführlich zum Thema Darsser Ort zu äußern. Dafür zwitschert eine in Informationsarbeit erfahrene Möwe vom Interessenverband Fauna-Flora-menschliche Gesellschaft i. F. „Die seit 20 Jahren laufende Geschichte ist an einem heiklen Punkt“, sagt die Möwe. Und dann zählt sie ein paar Eckdaten auf: Die Chefs vom Nationalpark wollen die Fischer dort weg haben, Zingst wollte sowieso einen neuen Hafen haben und bietet nun ständig den Bau einer Mole vom Strand in die Ostsee hinaus an, wo Theo Fischer dann festmachen könnte, und inzwischen lässt man die Strömungen ganze Arbeit machen und vollendete Tatsachen schaffen, in dem nichts gegen die Versandung von Zufahrt und Hafen unternommen wird. Und dann gibt es da noch einen Verein, der für einen Durchstich auf der Sandbank Zingst Zustimmung organisieren soll. Wozu braucht man einen Durchstich, der die schmale Sandbank Zingst teilen würde wie ein Korridor ein exterritoriales Staatsgebiet? Der Verein beantwortete sofort eine Nachfrage nach dem Sinn des Durchstiches: „Der Durchstich muss dabei so groß sein, dass Schiffe und Boote diesen unproblematisch passieren können, denn nur so ist der lange Umweg über den Bodden und die Umfahrung von Barhöft zu vermeiden. Weiterhin könnten so touristische als auch wirtschaftliche Anreize für die Binnenhäfen der gesamten Boddenregion erschlossen werden, die dann einen direkten Weg zur Ostsee hätten.“ Machbarkeitsstudien dazu gibt es seit 1998, also auch schon seit 14 Jahren.  

Es gibt vom Bodden, vom Zingster Strom aus, einen Wasserlauf durch das Land, der in Nähe der parallel zum Hauptdeich laufenden Straße nach Müggenburg-Pramort-Sundische Wiese in eine größere Wasserfläche mündet, die Straminke heißt . Direkt daneben befindet sich eine Kurklinik für gestresste Mütter mit Kindern. Der Durchstich an der Straminke soll dem Vernehmen nach die „wirtschaftlichste und effektivste“ von allen erwogenen Möglichkeiten sein.

 Dann müsste die neue Zufahrt nur regelmäßig ausgebaggert werden, damit die Wassertiefe reicht, und schon könnte Theo Fischer auch in Zingst liegen.

 

Dieser Beitrag wurde unter Feuilleton-Zeitgeist abgelegt und mit , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.