Rezension: Die korrupte Republik

Rezension: Die korrupte Republik

Dienstag, 16. März 2010

Durch und durch verlogen

Autor: Hannes Nagel

Durch und durch verlogen

Hans Martin Tillack hat ein ein Buch das Ausmaß des Korruptionsbefalls von Staat und Wirtschaft in Deutschland geschrieben. Schaut man sich die Titelüberschriften im Literaturverzeichnis an, hat man das Gefühl, das im ICE ausliegende Faltblatt „Ihr Zugbegleiter“ zu lesen. Es zeigt, wohin die Reise geht und welche Trends dem vertrauenden Volk am Wegesrande blühen. Die Reise geht in raschem Tempo weg von Anstand und Rechtmäßigkeit der Behörden, weg von ehrlichem kaufmännischen Betragen, hin zu einem Zustand, der sonst mit Geringschätzung Entwicklungs-und Ostblockländern zugeschrieben wurde.

Korruption ist ein Alltagsphänomen. Ihre Merkmale reichen von Machtmissbrauch zu persönlichem Vorteil bis zu einer allgemeinen Kommerzialisierung aller Bereiche des Lebens, damit möglichst jeder in ein System von Abhängigkeiten und Gefälligkeiten hinein gezogen ist. Sie verdirbt den Charakter oder lässt verdorbene Ansätze ungehemmt wuchern. Inzwischen können Politiker ungeniert zu weiterer Korruption aufrufen, oder wie ist der Ausspruch zu erklären: „Der linke Zeitgeist hält Geschäftemachen für fragwürdig. Die Gesellschaft muss sich dran gewöhnen, dass das künftig anders ist“ . Heißt das, vor dem Hintergrund des Buches von Hans Martin Tillack, dass die Gesellschaft sich an Korruption und Korrumpierbarkeit des gesamten Lebens gewöhnen muss? Eine grausliche Vorstellung. Wo sind „Die Unbestechlichen?“ Gibt es so etwas überhaupt noch? Wird die Weigerung zur Korruption Schritt für Schritt ausgemerzt? Durch „herrisches Auftreten des Staates gegenüber den Bürgern“? Das merkt man laut Tillack daran, dass auf die Forderung nach Transparenz sinngemäß kommt: Es herrscht genug Transparenz, wenn ein Beamter hinter verschlossenen Türen die Aktenvermerke eines anderen liest. (Die dann bestimmt – es würde nicht wundern – „nur für den Dienstgebrauch“ sind.

Sponsoring-Korruption. Drittmitteleinwerbung. Gelder werden oft nicht eingeworben, sondern erpresst. Behörden treten vor aller Augen strafrechtlich in Erscheinung und können nicht belangt werden. Das liegt vermutlich an dem Sprichwort mit den Krähen.

Nach der Lektüre des Buches hält man Politik als den höchsten Organisationsgrad krimineller Energien und Handlungen.

Ergänzung: Gut, das Bücher über solche und andere Zustände erscheinen dürfen, während diese Zustände noch andauern. Spätere Veröffentlichungen wirken oft so lasch.

Hans Martin Tillack, „Die korrupte Republik. Über die einträgliche Kungelei von Politik, Bürokratie und Wirtschaft“, Hofmann und Campe ( www.hoca.de ) , Hamburg 2009, 19,95 Euro

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