FEUILLETON-ZEITGEIST: Das politische Testament von Friedrich dem Großen aus dem Jahre 1752

FEUILLETON-ZEITGEIST

„Anregungen für die Gegenwart: Das politische Testament von Friedrich dem Großen aus dem Jahre 1752“

Vier Monate seines Lebens nahm sich Friedrich der Große Zeit für die Abfassung des „Testament Politique“, seines politischen Testamentes. Es waren die Monate April, Mai, Juni und Juli des Jahres 1752. Ein junger Mann von 40 Jahren bilanziert darin das seit 1740 Erreichte. 1740 wurde Friedrich König in Preußen. Er bilanziert 12 Jahre politischen Handeln in und für Preußen und Preußens Einfluss in Europa. Im innenpolitisch-wirtschaftlichen Teil hat Friedrich erstaunlich aktuelle Ratschläge für seine Nachfolger im Jahre 2021 zu machen – auch unter den völlig anderen Umständen einer Zeit, in der anstelle des Nationalismus die Globalisierung getreten ist und man nun merkt, dass Globalisierung nur eine Ausprägungsform von Lenins Imperialismusdefinition ist.

Friedrichs politisches Testament erschien im August 1752 im Original auf französisch. In der deutschen Übersetzung taucht mehrfach die Formulierung „Falls ich dann noch lebe“ auf. Friedrich offenbart in diesen Sätzen ein ziemlich bissiges Sprachgefühl und zugleich einen geschliffenen Geist, ein sparsame Prise Witz und ein gehöriges Maß an Selbstbewusstsein.1

Testamente sind Nachlassregelungen. Staaatslenker wollen mit politischen Testamenten erreichen, dass ihre Nachfolgeralles genauso weiterführen wie der Schreiber des Testaments es verfügte. Daher enthält des Testament Verfügungen an die Nachfolger im Amt König Friedrichs des Zweiten. Friedrich schrieb ein Testament, ohne alle seine Erben kennen zu können. Der erste war sein Neffe Friedrich Wilhelm der Zweite. Zuletzt kam im engeren Sinne Wilhelm der Erste. Wilhelm den Zweiten müsste man streng genommen als den Zerstörer des Ererbten bezeichnen.

Die Zeitfenster der Erben und ihr Umgang mit dem Nachlass

Friedrich der Große betrat den märkischen Boden am 24. Januar 1712. Unverzüglich begann er festzustellen, was alles anders werden müßte, wenn das alles mal ihm gehören würde. Sein Vater war ihm ein leuchtendes Antibeispiel. Wie auch immer die Leitung des Staates aussehen müßte: Würde es so aussehen, wie es der Vater vorgemacht hatte, wäre es falsch. Hauptsache anders, befand Friedrich. Das war mehr als eine kindische Trotzphase. Sein Neffe war Friedrich Wilhelm der II, dann kamen der III und der IV und dann die beiden Wilhelme, von denen der erste von Bismarck zur Kaiserkrönung genötigt wurde und der Zweite statt herrlicher Zeiten dem Volk, dem Staat und den Ständen einen erbärmlichen Krieg aufbürdete.
Friedrich der Grosse war Kriegen gegenüber auch nicht abhold, aber sie mussten einer allgemein in Europa anerkannten Form entsprechen. Das steht so im „Testament Politique“. (Für den Siebenjährigen Krieg hätte Fiedrich sich nach Einhaltung der eigenen Grundsätze selbst enterben oder, da er ja noch lebte, enttrhonen müssen. Über die härtesten der friedrichschen Strafen, nämlich Tod oder Festungshaft, sehen wir hier großzügig hinweg.)

Herrschaftszeiten und Herrschaftslehren

Zur Erbengemeinschaft Preußen gehörten also 5 Herrscher , die ihr Erbe jeweils erst nacheinander antreten konnten. Wie lange gilt eigentlich üblicherweise ein Testament? Können Testamente vererbt werden? Zur besseren Übersicht kommt hier Auflistung von Zeitfenstern und Herrschaftszeiten der Herren mit Auswnahme Willis des Zweiten, weil der für mich ein Kriegsverbrecher ist („Jetzt, mitten im Frieden, überfalln wir den Feind“)

Friedrich II              24.01.1712 König 1740-1786              gest 1786

Friedr. Wilhelm II              25.9.1744 König 1786-1797              gest 1797

Friedr. Wilh. III              3.8.1770 König 1797-1840                            gest 1840

Friedr.Wilh. IV              16.10.1795 König 1840-1861              gest.1861

WilLHELM I              22.3.1797 König 1861-1888              gest.1888

                                                                      Kaiser 1871-1888

Auf eins konnten sich Erben und Geschichtsnachfolger unabhängig von Republik, Diktatur, Sozialistischer Teilstaat, marktiwrtschaftlicher Teilstaat oder marktwirtschaftlich dominierter Demokratie (vulgo: Neoliberalismus gesamtdeutscher Prägung) immer einigen:

„Politik heißt Maßnahmen zur Wahrung der Staatsinteressen zu ergreifen“

Die Gesellschaft dient Friedrich auch als Staatsinteresse. Wenigstens sagt er noch:

„Der Edelmann und der Bauer dürfen niemals bedrückt werden. Im Gegensatz ist es Pflicht, ihre Lage möglichst aufzubessern.“

Zur Umsatzsteuer weiß Friedrich:

„Die akzise ist von allen Auflagen die Gerechteste. Sie belastet die Armen nicht: Brot Fleisch und Bier müssen wohlfeil sein“

(An die Regierung: Dies Wort , ihr sollt es lassen stahn, und die Wohn-und Heizkosten zählt noch dazu. Denn es ist euer Staatsinteresse.)

„Wer abholzt, muss aufforsten“

„Um seine Interessen zu kennen, bedarf es des Studiums, geistiger Sammlung und angestrengten Fleißes.“

Dananch muss Friedrich ziemlich weitsichtig geworden sein:

„Es gibt eine Art Müßiggänger und Nichtstuer, die man Projektemacher nennt. Der Herrscher hat allen Anlaß, sich vor ihren schlechten Vorschlägen zu hüten. Sie führen zwar immer den Vorteil des Herrschers im Munde, aber recht besehen deckt sich dieser Vorteil mit dem Verlust und dem Ruin seiner Untertanen.“

Immer diese Lobbyisten und Geschäftsmodellbauer sowie Anlagebetrüger. Sie sollten verpflichtet werden, das soziale Lage nach oben hin auskömmlich zu gestalten.2

Fazit: Der Sarkast von Potsdam war in seinem Staatsziel total. Aber er wusste auch, dass eine Gesellschaft nie wirklich total sein kann, nicht einmal dann, wenn sie preußisch-militärisch gedrillt ist. Jede Gesellschaft braucht ihre Menschen und diese ihre Freiheiten. Freiheit und Wohlstand sollen bescheiden sein, dürfen aber nie künstlich verknappt werden.3

Fritz, ohne Dein Scheiß Militär hättste een janz vanuftigen Mann soweit abjehm können.


1 Ob die preußische Schnoddrigkeit auch am Duktus des französischen Originals feststellbar ist, kann ohne vergleichende Sprachkenntnisse nicht beurteilt werden.

2 Das war jetzt aber nicht von Fritz, sondern vonr mir. Verzeihung, Sire.

3 Als Textmaterial diente Das politische Testament von 1752, Reclam-Verlag, Stuttgart 1987

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