Ein Neues Lied von Krystof Daletzki kam in die Redaktion geflattert. Es ist Zeit, sich der Feindschaft zu verweigern, wenn man zum Feind gemacht werden soll, obwohl man die Freundschaft will.
https://www.youtube.com/watch?v=PTNgV_5WTr0
Ein Neues Lied von Krystof Daletzki kam in die Redaktion geflattert. Es ist Zeit, sich der Feindschaft zu verweigern, wenn man zum Feind gemacht werden soll, obwohl man die Freundschaft will.
https://www.youtube.com/watch?v=PTNgV_5WTr0
Liebe Leserinnen, liebe Leser, „Das Flugblatt“ für November 2020 ist fertig. Diesmal haben Corona-Themen den Vorrang vor anderen, aber nicht ohne sie. Im Dezember kommt noch etwas nach. Denn nun gibt es eine handfeste Masse an Literatur zum Thema, an der sich Leser und Schreiber gemeinsam abarbeiten können. Und dann kommt auch wieder Licht ins Dunkel, und AHA wird wieder das Ausrufsmerkmal eines Erkenntnisterfolges.
Viel Spass beim Lesen
Hannes Nagel
FEUILLETON-ZEITGEIST
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„Harry Graf Kesslers Zeitbeobachtungen“
Harry Graf Kessler könnte, wenn man die Tagebücher von 1918 bis 1937 liest, der Prototyp des Zeitzeugen am Zeitfenster sein. Manchmal stürmt der Zeuge die Treppe hinunter, um mit dabei zu sein, wenn er einen Bekannten sieht oder jemanden, mit dem er bekannt werden möchte.
Wenn das gesamte Zeitfenster von Harry Graf Kesslers Blick auf das Leben und seiner Teilnahme am Leben von auf einer als Zeitstrahl dargestellten Fensterbank gezimmert ist, steht links die Jahreszahl 1868, in welchem der Graf geboren wurde. Am rechten Rand der Zeitfensterbank steht die Zahl 1937. Ein schwarzer Vorhang markiert das Datum des Todes. Das kleine Fenster der Tagebücher von 1918 bis 1937 beginnt mit dem revolutionärem Wirrwarr nach dem Ende des einen Krieges und endet mit dem Beginn der Kulturauflösung Europas nach dem spanischen Probekrieg 1936 bis 1939. Was dann geschah, ist sattsam bekannt, aber Harry Graf Kessler blieb die irdische Kenntnisnahme erspart.
Der Herausgeber der Kessler-Tagbücher heißt Wolfgang-Pfeiffer-Belli. Er hat den Tagebüchern noch ein Nachwort angefügt. Darin schreibt Pfeiffer-Belli:
„Seine Abstammnung und Jugend hat Harry Graf Kessler, Mäzen und Diplomat, in dem schönen und wehmütigen Buch ‘Gesichter und Zeiten’ ausführlich beschrieben. Es erschien 1935,als der nach Frankreich emigrierte Autor bei uns nicht mehr gelitten war.“
Mit UNS meint der Herausgeber und Nachwortverfasser die Deutschen im Ort Deutschland. Zwei Jahre nach der Emigration starb Harry Graf Kessler. Sein Buch ist kaum noch bekannt. Einige Antiquariate bieten es noch zu Preisen zwischen 22 und 100 Euro an.
(siehe hierzu www.zvab.de)
Harry Graf Kessler wurde am 23. Mai 1868 in Paris geboren. Am 30. November 1937 starb er in Lyon.
(Harry Graf Kessler, „Tagebücher 1918 bis 1937“, Hrsg. von Wolfgang Pfeiffer-Belli, Insel-Taschenbuch, 7. Auflage, Berlin 2017)
FEUILLETON-KULTURBETRIEBLICHES
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„Europa – Ein Nachruf“
Stefan Zweig und andere bezeichneten die Phase vor dem Ersten Weltkrieg als eine Art Abgesang der Kultur. Der Krieg als Urkatastrophe des 20 Jahrhunderts zerstörte Kultur, verwilderte den Entwicklungsstand der Zivilisation und schuf Gräben und Grenzen, wo Freundschaft und Miteinander ein von gleichen oder ähnlichen Interessen geleitetes Europa kennzeichnen sollten – ein Europa wie das mühsam nach dem Zweiten Weltkrieg neu angedachte gemeinsame Europa, aber mit dem Primat der Kultur, der Reisen, der gegenseitigen Besuche und des Bildungsaustausches quer durch die Klassen und Schichten der einzelnen europäischen Nationen. Insofern ist Hannes Hofbauers Buch „Europa – Ein Nachruf“ in der Rubrik Kulturbetriebliches ebenso gut aufgehoben wie in der Rubrik Zeitgeist. Womit der Nachweis erbracht wäre, dass Zeitgeist und Kultur ebenso wenig voneinander trennbar sind wie Orient und Okzident in Goethes west-östlichem Diwan. Wer Zeitgeist wie Kultur gut kennt, der wird auch hier erkennen: Europa, will es prosperieren, darf man von Kultur nicht trennen. Doch wie systematisch vollzieht der Neoliberalismus die letzten Schnitte zur Trennung des kulturellen Umfeldes von den Wurzeln Europas und zwängt den Kontinent in das Prokrustesbett der Wirtschaft.
Eine Zeitleiter mit allen Sprossen
Schon das Inhaltsverzeichnis ruft die Vorstellung einer Zeitleiter hervor, der keine einzige Sprosse fehlt. Vorgeschichte-Kultureller Untergang-Kalter Krieg und Europäische Gemeinschaften-Neoliberaler Binnenmarkt-Militarisierung sind ihre Sprossen, und auf jeder Sprosse zeigt Hofbauer auf, was man von der Sprossenblickhöhe aus von Europa sehen kann. Das Gute ist: Man kann ALLES sehen. Das Schlechte ist: Vieles liegt im ARGEN. Nacheinander beschaut der Eurobetrachter den Kontinent, die Geschichte und die politischen Strukturen, die zunehmend wirtschaftlich dominiert werden. Der erste zu den Akten gelegte Aspekt der europäischen Idee seit der Gründung der EG ist die Vorstellung und das Ideal eines Wohlfahrtsstaates, der deswegen nicht gleich das Risiko eines einerseits sozialistischen, zugleich aber auch diktatorischen Staates eingehen muss, im Namen einer guten Absicht viel Unheil anrichten zu müssen, wie es der Widerspruch im Begriff „Diktatur des Proletariats“ und seinen jeweiligen konkreten Ausprägungen im Ostblock tut. Das Unheil des Ostens an den Menschenrechten geschah aus ideologischen und revolutionären Gründen. Das Unheil des Westens an den Menschenrechten geschieht auf der Grundlage des Widerspruchs zwischen Betriebsbedingung und Geschäftsgrundlage des Kapitalismus. Die Betriebsbedingung ist das Privateigentum. Aber die Geschäftsgrundlage ist der Raub. (*) Der zweite zu den Akten gelegte Aspekt ist die noch bis zum Vorabend des Ersten Weltkrieges ungebrochene Aktivität der europäischen Friedensbewegungen der internationalen und sozialistischen Arbeiterparteien Europas. Mit der Bewilligung von Kriegskrediten hatte dann die deutsche Sozialdemokratie ihre Erbsünde begangen. Den Ruf, ein Mandantenverräter zu sein, ist sie bis 2020 noch nicht wieder losgeworden. (**)
Zwischenvergleich
Zwischen Hannes Hofbauers „Nachruf auf Europa“ und Oswald Spenglers 1917 erschienenen doppelt so viele Seiten enthaltenden Buches „Der Untergang des Abendlandes“ scheint es Gemeinsamkeiten zu geben. Beide machen ihre Untersuchungen am Ende einer Kulturepoche fest. Daraus KANN etwas Neues entstehen, wenn es Akteure gibt, die für die Neue Zeit oder die Neue Weltordnung oder welche anderen Begriffe noch dafür geprägt werden oder wurden, die Gestaltungsrolle übernehmen wollen. Beide graben mit breitem Spaten tief in die Schichten der menschlichen Vergangenheit hinein. Die Grabungen Hofbauers und Spenglers enden erst, als sie mit den Füßen in Augenhöhe vor den Sedimenten des Altertums stehen. Bei Hofbauer ist es Zeus, der Europa in Gestalt eines Stieres aus ihrem behüteten Elternhaus entführt, bei Spengler waren es die Sumerer. auf die sich die Summen aller Erkenntnisse zurückführen lassen.
Kehre um, Europa, auf den Weg der Kultur
Ausgesprochen umfangreich ist die Seitenanzahl, die Hannes Hofbauer dem strebenden Suchen der Europäischen Mächte einräumt. Diesen faustischen Charakter im Suchen Europas handelt Hofbauer auf den Seiten 27 bis 50 ab. Irgendwie scheint sich der banale Eindruck zu bestätigen, dass die Suche Europas nach sich selbst – oder seiner „neuen Rolle“ – angesichts neoliberaler Tatsachen, eingebildeter militärischer Sicherheitsgefahren, realer Bedrohungen durch Corona, durch selber erst ermöglichte Gefahren durch Umweltzerstörung und Klimawandel sowie deren Folgeerscheinungen Migration und Terrorismus durch ein ganz einfaches Fundstück erfolgreich wird: Kehre um, Europa, auf den Weg der Kultur.
*) Das ist eine genuine Einschätzung von „Das Flugblatt“.
(**) Siehe auch: „Das Seifenlied“ und den Vorwurf: „Wer hat uns verraten? – Sozialdemokraten“)
(Hannes Hofbauer, „Europa-ein Nachruf“, Promedia, Wien 2020)
„Kopfgeburten“
Erste Phase
Ein Feld, zur Aussaat vorbereitet,
welches parallele Rillen dekorieren,
erwartet, dass man in es leitet,
Ideen, die zur Gesellschaftsblüte führen.
Zweite Phase
Die Ideen, ungeduldig,
dringen in den Ackerboden ein.
Als fühlten sie sich bringeschuldig
bilden Spross sie aus sowie auch Keim.
3. Phase
Auf gutem nährstoffreichem Boden
können die Ideen gedeihn
Auf Schlechtem würden sie nur Episoden
Von nicht gedurft gehabtem Leben sein.
4. Phase
Ideen suchen, um zu sprießen,
sich den besten Boden aus,
Wenn dann verschiedene Ideen grüßen
wirds ein Gesellschaftsfesttagsschmaus
Rezension: Chronik einer angekündigten Krise
„Vollendete Tatsachen hinter verschlossenen Türen“
Bei Paul Schreyers Buch „Chronik einer angekündigten Krise“ heisst der Untertitel „Wie ein Virus die Welt verändern konnte“. Das Corona-Virus und die Reaktion darauf haben also schon „vollendete Tatsachen“ geschaffen. Zumindest sind Entwicklungstrends ins Marsch gesetzt worden.
Wenn die angekündigte Krise aus Paul Schreyers Buch und die Schwarzmalereien der Sciencefiction-Autoren des Buches „Pandemie“ dasselbe sind, dann ist diese Zeitenwende ein 2016 begonnenes Wendemanöver. Paul Schreyer versucht seit Januar 2020 zu verstehen, was gerade passiert, und fragt seinerseits die Leser seines im Westend-Verlag erschienenen Ebooks „Chronik einer angekündigten Krise“, ob ihnen das Verstehen gelang. Mir für meinen Teil bleiben zwei Fragen offen: Erstens: Wenn ein großangelegtes Wendemanöver stattfindet, wohin geht danach der neue Kurs? Kap Hoorn oder Tahiti? Zweitens: Wessen Interessen soll die Admiralität durchsetzen, die ihrem Flaggschiff den neuen Kurs vorgibt, ohne ihn zu nennen?
Man weiß es nicht, denn „noch immer fehlt eine große, aber alles umfassende Erklärung“. Immerhin scheint sich heraus zu stellen, dass Wissenschaft und Politik untrennbar sind, wenn man das Problem mit der Pandemie erklären will.
„Es geht nicht nur um die reine Wissenschaft, sondern immer auch um Politik“. (Schreyer)
Vermutlich bedeutet das: Politik ist immer von Interessen geleitet, aber fast nie repräsentiert politisches Handeln die Interessen Aller. Wenn Politik nicht interessengeleitet wäre, dann wäre der Sinn von Politik die Politik, also die Erprobung von Herrschaftsmethoden und Gesetzesregelungen an der Gesellschaft. Eine solche Sichtweise auf die Corona-Sache gibt es auch. Aber zwischen Politik und Gesellschaft muss es auch Schnittstellen geben. Wenn es keine Verbindung mehr gibt, dann wäre eine Abspaltung der Politik von der Gesellschaft die Folge. Das wäre auch das Ende der Demokratie, das offene Tor zum Faschismus und in der Tat eine Zeitenwende. Fukuyama wäre widerlegt, aber kein Triumph. Paul Schreyers Resümee: „Gesellschaftssteuernde Maßnahmen und Technologien werden zunehmend weltumspannend und zentral koordiniert wirksam.“ Künstliche Intelligenz und Schnittstellen zwischen Gehirn und Maschine schüfen die dazu notwendigen perfekten Maschinen, die auch noch zu Verrat und Mittäterschaft fähig sind.
In der Seefahrt hilft zur Not eine Meuterei. In der Gesellschaft aber muss man das Wagnis eingehen, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen.
(Paul Schreyer, Chronik einer angekündigten Krise. Wie ein Virus die Welt verändern konnte, Westend, Frankfurt 2020)
Rezension: „Pandemie“
H.J.Kugler und andere, Hirnkost-Verlag, Berlin, Oktober 2020)
„Science-Fiction-Literatur ist genauso ratlos
wie die Corona-Forschung“
Die Forschung insgesamt hat noch nicht genug Erkenntnisse gesammelt, um über das Thema CORONA, SARS, COVID seriöse Aussagen zu treffen. Der Volksmund weiß es besser und läßt Aussagen an die Öffentlichkeit dringen, wenn sie Subekt, Prädikat und Objekt besitzen. Das sind Aussagen, bei denen die Grammatik stimmt, aber nicht die semantischen Beziehungen zwischen den Aussagen. Alle sprechen von „die“ oder „sie“, sagen aber nicht, wer jeweils gemeint ist. Nur eines wissen angesichts dieser Lage die Macher ds Buches „Pandemie“ schon genau: Ihre gesammelten Science-Fiction-Erzählungen sind Ausdruck und Ergebnis einer Zeitenwende. Mit Verlaub: Diese Zeitenwende schau ich mir an. Historische Ereignisse im Stadium ihres Stattfindens zu beobachten hat mich schon immer interessiert.
37 Autoren schrieben für das Buch „Pandemie. Geschichten zur Zeitenwende Beiträge. Eines trifft zu: Die Corona-Pandemie ist tatsächlich zum führenden Medienthema geworden. Sogar der NATO-Aufmarsch an der russischen Grenze ist hinsichtlich der medialen Erwähnung unbedeutend. Militärische Themen kommen fast nur n der form militärmedizinischer Unterstützung der ansonsten zuständigen Zivilverteidigung vor, wie der gesamte Zivilschutz seit Juni 2016 und der damals begonnenen Änderung der gesetzlichen Bestimmungen in gleich drei Bereichen neuerdings genannt wird.
Wahr ist, dass die CORONA-Krise eine erschreckende Störung der bisher gewohnten öffentlichen Ordnung. Besonders erschreckend und verstörend an der Krisensituation ist, dass keiner wirklich richtig weiß oder wissen kann, was eigentlich los ist. Vieles bleibt nach dem Grundsatz des früheren Innenministers Thomas de Maiziere vorsorglich ungesagt. Der Innen-Thomas hatte am 18.November 2015 in Hannover ein Fußball-Länderspiel abgesagt und mit Hinweis auf eine nicht konkret benannte Terrordrohung gesagt: „Manche Informationen würden die Bevölkerung nur beunruhigen“. Wichtige Dinge zu verschweigen beunruhigt allerdings auch. Das fiel dem Minister damals nicht ein. Damals, am 18 November 2015. Aber so ein Spruch bleibt in den Köpfen – egal was die Köpfe damit machen.
Zwischenliste: Bisherige Literatur
Corona-Fehlalarm, 22. April 2020
Coronomics, 15.Mai 2020
Viren, 25. Mai 2020
Pandemie. 09.Juni 2020
Shutdown, 01. Juli 2020
Wie wir unsere Wirtschaft retten, 21. Juli 2020
Viren für Anfänger, 15. September 2020
Chronik einer angekündigten Krise, Oktober 2020
Pandemie. Geschichten zur Zeitenwende, Oktober 2020
Lockdown 2020, Oktober 2020
Spekulative Geschichten
Der Titel „Corona-Fehlalarm“ wurde in der in der Oktoberausgabe als publizistischer Schnellschuss besprochen. In dieser Ausgabe kommtn zwei Bücher dran: „Pandemie. Geschichten zur Zeitenwende“ und „Chronik einer angekündigten Krise.“. Zunächst zur Zeitenwende.
Die „Geschichten zur Zeitenwende“ sind nirgends analytisch, dokumentierend oder realistisch. Sie sind Beschreibungen wahr gewordener Ängste, deren Wahrwerdung eine Möglichkeit aber nicht unbdeingt die größte Wahrscheinlichkeit ist. Sie sind damit ungefähr so verantwortungvoll wie ein auf Facebook geteiltes video, wo jemand in einem Sportpalastartigen Auftritt in einem vollen Zug Kinder fragt: „Wollt Ihr an dem Kohlendioxid eurer Ausatemluftin der Maske ersticken?“ „Nein“, ruft die Masse der Kinder. „Dann nehmt eure Masken ab“, sagt der Jemand. „Jaaaa“ rufen die Kinder und nehmen die Masken ab. Jetzt noch „Heil Dir im Siegerkranz“, sonst wäre es zu auffällig, und dem Jemand wäre die Joseph-Goebbels-Gedenkmedaille mit Diamant am Band samt Schärpe sicher. In der Literaturwissenschaft werden düstere Szenarien einer noch nicht eingetretenen Zukunft als Dystopie bezeichnet. Studenten lernen als Eselsbrücke „Düstere Utopie“. Klingt eben ähnlich. Wenn Utopien wahr werden, können sie düster oder befreiend sein. Und diese 37 Geschichten der Autoren, die versuchen zu beschreiben, wohin Krisen, Virus und gesellscahftliches Management führen, verbreiten 37 traurig-trostlose Zukunftsaussichten im Stile klassischer Science-Fiction-Autoren.
Aber warum muss man gleich von Zeitenwende reden? Wenn überhaupt, hat sich die letzte Zeitwende mit dem Übergang von der Aufteilung der Welt in den sozialistischen Ostblock einerseits und die imperialistischen Einflussbereiche andererseits zum globalisierten Neoliberalismus ereignet. Es hätte auch die Chance bestanden, dass sich die Welt frei nach Gotthold Ephraim Lessing zum kosmopolitischen Weltbürgertum entwickelt, in dem jeder seiner unbestochnen, von Vorurteilen freien Liebe nachgehen kann, und zwar mit Eifer.
Zwischen den Zeilen lesen, heißt Fehlendes zu denken
Krise ist nie nur lähmende Dystopie, sondern Eröffnung neuer Chancen und Ideen. Auch die CORONA-Krise, aber der Aspekt fehlt dem Buch total. CORONA bot bisher die Möglichkeit der Entschleunigung. Das allein reicht nicht. Aber sie ist ein guter Anfang. Wenn Dystopien sinnvoll sind, wecken sie den Wunsch nach Licht, weil alles so finster ist. Und wo man das fehlende Licht in die Texte erst naoch als Leser selbst hineinschreiben muss. da haben Aufklärung und Erleuchtung Zugang zu Herzlichkeit und Nächstenliebe geschaffen.
Wo Ideen aktivieren, entsteht Freiheit.
(Hans-Jürgen Kugler u.a.. „Pandemie. Geschichten zur Zeitenwende“, Hirnkost, Berlin, Oktober 2020)
„Der Untergang von Amerikas globalem Einfluss“
Nirgends wird der Begriff „Amerikanisches Zeitalter“ benutzt. Statt dessen beschreiben die Autoren der amerikanischen Denkfabrik RAND-Corporation die Rolle Amerikas in der Weltpolitik nach dem Sieg der Alliierten über Deutschland im Mai 1945 als „Bereitschaft, die Lasten der Weltführung zu schultern“.
Der selbstlose Lastenträger des Weltgeschehens ist aber nicht der Kuli, den man aus Romanen von B.Traven kennt oder aus der Realität afrikanischer Hafenarbeiter, die ihre eigenen Lebensmittel und Rohstoffe in die Laderäume von Kolonialschiffen luden, nur damit sich in der westlicchen Welt auch weiterhin Seidenhemden über Wohlstandsbäuchen spannen konnten. Der selbstlose Lastenträger ist seit 1945 der Weltpolizist. Der Weltpolizist scheint nach dem ende des Kalten Krieges und der Umwandlungsprozesse m ehemlaigen Ostblock ein wenig müde geworden zu sein. Oder gleichgültig-mechanisch.Oder nicht ganz bei der Sache. Jedenfalls fehlen dem Polizeiapparat Mittel, Fähigkeiten und Führungspersonen aus Politik und Zeitgeschehen. deren Charisma die Aufgabenverteilung zur Reparatur globaler Schäden an der Natur, der Wirtschaft und der sozialen Grundzustände in allen Ländern, und zwar vom immer noch reichen Westen bis zum bitterarmen Süden.

„Influencer“ im modernen Politik-Sprachgebrauch
Amerika hat auf dem Gebiet des Marketing mehr Leistungen vollbracht als auf dem Gebiet der Kultur an sich. Es gibt gute Literatur, anspruchsvolle Filme, aber auch Serien, Unterhaltungsformate und den Trend zu „Social Media“. Dort wird zu Einerlei gekocht, was besser nicht auf die Teller der Welt gehört. Das soll aber niemand merken. Methoden des Marketing, die früher ziemlich freimütig als „Beeinflussung“, „Absatzsteigerung“, sogar „Manipulation“ genannt wurden, werden jetzt von sogenannten Influencern („Einflussnehmern“) angewendet. Auf einmal nutzt nahezu jeder die nahezu unüberprüfbaren Möglkichkeiten der Informationsverbreitung der sozialen Medien, die von früheren seriösen Zeitungen in ihren Onlineausgaben in die qualitätsjournalistische Berichterstattung eingearbeitet werden. („Lesen Sie, was eine junge Mutter ehrlich ber hello fresh sagte“). Nein, lassen Sie es lieber. Oder machen Sie, wie Sie es wollen, aber denken Sie an den Grundsatz „Audiatur et altera pars“. Auf Deutsch: „Höre auch auf die andere Seite“. Der Grundsatz ist spätestens seit 1995 schrittweise verschütt gegangen. In den Sozialen Medien heißt es: Jeder soll alles sagen dürfen aber keiner soll merken, wessen Meinung in der Reichweite nach vorn gesteuert wird. „Lassen wir dem Gaul die Zügel locker, aber geben wir die Zügel niemals aus der Hand“, beschreibt die Branche ihr Vorgehen in einem Lehrbuch. Zwischen globaler Ordnungsmacht und Influencermacht bestehen Ähnlichkeiten. Influencer sind bequem, solange sie eine gut fütternde Hand sind. Hindern Influencer aber die Saubere Energie daran, die Abhängigkeit der Verbrennungsmotoren vom Erdöl zu beenden, so stehen sie mit der Macht ihres Einflusses dem Fortschritt im Wege. Dann steht die Reiterschaft vor dem Dilemma, die Zügel wieder zu straffen und gerade dadurch die Aufmerksamkeit auf den versuch zu lenken, dass der Weltkavallerie-Polizist die Freiheiten bedrängt, beengt, versenkt. Mit anderen Worten: Die Zügel haben ausgespielt, hat man die Freiheit erst gefühlt.
Und darum verrringert sich der globale Einfluss der USA
Wenn die amerikanische Politik nun aber merkt, dass ihr Einfluss geringer wird, dann wird sie fünsch. Wenn ein fremdes Segelschulschiff auf den Meeren der Welt einem amerikanischen Kriegsschiff begegenet, erwartet der Ami Salut und Ehrenbezeigung. Hängen statt desssen fröhliche Gesäße über der Reling, fühlt sich die Admiralität in ihrer maritimen Würde verunglimpft. Dabei geht es nur darum, die Rolle als Weltmade der amerikanischen Produktion abzuschütteln und zu Nachhaltigkeit und Bewahrung von Schöpfung und Frieden voran zu schreiten. Voran schreiten bedeutet Fortschritt.
Die RAND-Sudie zählt anhand von Tabellen zwischen den Seiten 7 und 13 vor,dass immer mehr Handlungen des Weltpolizisten zur Bewahrung des Fürungsanspruches der Amerikanermisslungen sind. Ein Plus markiert einen Erfolg. ein Plus, gefolgt von einem Minus heißt: es fing ganz gut an, ließ dann aber stark nach. Umgekehrt bedeutet ein Minus gefolgt von einem Plus, das aus einem Fiasko doch noch ein Erfolg im Sinne der selbstgestellten Vorgaben entstand.
Die RAND-Forscher zählten Plus, Minus und Fragezeichen und kamen zu dem Ergebnis, dass die Plusse weniger wurden. Sie folgerten für den erhalt der amerikanischen globalen Hegemonie:
„Die amerikanische Führung kann nur erhalten werden, wenn die amerikanischen Führer eine breite unt ausreichend tiefe öffentliche Unterstützung zu Hause haben.“
Wie aber werden sie das anstellen? der kritische Blick sollte nicht einschlafen.
Liebe Leserinnen, liebe Leser, hier ist das Oktoberflugblatt. Einen goldigen Herbst wünscht
Hannes Nagel
„Erntedank“
Limonenbäume tragen Früchte.
Lange haben sie gebraucht,
bis Samenkörner hin zum Lichte
sind zu Bäumchengröße hoch gekraucht.
Endlich einmal seh ich Früchte,
zu deren Werden ICH beitrug.
Kennt jemand aus der Bäckereigeschichte
wen, der mal Limonenkuchen buk?
Ach, ich möcht zum Erntedanke
der sauren Arbeit süßen Schweiß
mit einer meterhohen Ranke
geweihtem Wasser gleichend schwenken rings in Kreis