BARON VON FEDER: Der Gemeinschafts-Angestellte

Gemeinde-Diener klingt nicht sehr unbekannt. Meist handelt es sich um einen Kirchenangestellten, der für die Gemeinde diverse Aufgaben wahrnimmt. Aber er ist der Angestellte von nur einem Dienstherrn. Wenn sich nun aber mehrere Dienstherren einen gemeinsamen Angestellten leisten, dessen Lohnkosten sie zusammenlegen? Dann könnten die „Diener von Fünf Herren“ ein durchaus respektables Tagelöhnereinkommen erwirtschaften. Und die Lohnnebenkosten ließen sich begrenzen.

Weltlich gibt es Gemeinde-Helfer. Das sind Leute, die andern Leuten unter die Arme greifen, wenn diese Hilfe brauchen – im Haushalt, bei der Kinderbetreuung oder beim Einkauf und in anderen sozialen Bereichen. Bezahlen wird der Diener aus öffentlichen Mitteln der Kommunalverwaltung oder gleich ehrenamtlich.

Bezüglich der „freien Wirtschaft“ würde dieses Modell bedeuten, dass kleine Einzelunternehmer, die keine Angestellten finanzieren können, sozusagen „zusammenlegen“, und sich einen „Gemeinsamen Angestellten“ leiste. Tagelöhner-Jobbeschreibung: Der Miet-Diener für jeweils fünf andere Kleinunternehmer. Der Miet-Diener könnte zwar auch immer bei Bedarf von Einzelkunden gemietet werden. Aber warum soll jeder, der nur selten fährt, ein eigenes Auto fahren, haben und finanzieren, wenn man auch teilen kann? Leihautos, ähnlich wie Mietfahrrräder, sind zwar nichts Neues mehr, aber was man hört, ist an Bürokratie abschreckend. Ein Auto vollgetankt zurück zu geben, dürfte verständlich sein, aber die Reinigung sollte der Verleih machen, ähnlich wie der Zimmerservice im Hotel sich um die Zimmerreinigung kümmert. Von Zimmergästen oder Autonutzern dürfte man bestenfalls pfleglichen Umgang mit Zimmer oder Auto erwarten.

Also der Mietangestellte: Der könnte Botengänge, Lieferungen, sogar die Mittagsversorgung der zusammenwirkenden Kleinunternehmer übernehmen. Die könnten sich dann alle um ihre eigentlichen beruflichen Aufgaben kümmern. Und das schöne: das könnte mit vier Arbeitsstunden am Tag erreicht werden. Dann könnten auch teilerwerbsunfähige Menschen ein sinnvolles Leben außerhalb von Harz Vier führen. Sogar die Arbeitsagentur würde eine solche Beschäftigungsstruktur anerkennen. Das hat auf Anfrage die zuständige REHA-Jobvermittlung in Neustrelitz gesagt.

Lasset uns die Ärmel hochkrempeln und mehr Sozialität Wollen.

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REDAKTIONSMITTEILUNG: Das Flugblatt für Januar ist fertig

Liebe Leserinnen, liebe Leser, mit Verspätung ist nun das Flugblatt für Januar 2022 fertig. Mit diesem Blatt grüße ich Sie und wünsche ein richtig schönes Neues Jahr.

Immer mehr scheint mir, dass das Wort „Kampf“ einen Widerspruch zur Toleranz von Meinungen ist, die einem nicht gefallen. Daher ist in der Bucherstellung für 2022 unter anderem eine erweiterte und verbesserte Abhandlung des Themas „Vorhang auf im Meinungstheater“ in Arbeit. Alle Kräfte halten eine Gesellschaft im Gleichgewicht, wenn keine die Oberhand gewinnt. Man könnte fast „Gesellschaftsstatik“ dazu sagen, aber bei dieser Metapher fällt mir sofort Stalins Bezeichnung der Schriftsteller als „Ingenieure der Seele“ ein. Ich mag Stalin nicht. Ich bin froh, den Herrn nie persönlich getroffen haben zu müssen. Aber wenn man von allem Anderen absieht: Schlecht ist die Formulierung nicht. Schließlich kann Literatur tatsächlich so etwas wie ein „gesellschaftliches Reparaturtheater“ sein.

Unbehaglich sind mir zunehmende Meldungen über das weiter Sozialgepiesacke. Was würde ein BGE nutzen, wenn es auch nicht reicht, Stromkosten zu bezahlen? Wäsche waschen und warme Füße sind etwas Feines, besonders im Winter. Und nicht Alles, was sich gut anhört, muss nachher auch gut sein. Es ist gut, auf Belobigungen an die Regierung zu lauschen und zu fragen: Wer ist der Mittelstand, der die Entlastung auf dem Abgabenmarkt bejubelt, und kommt eine Rücknahme der Energieumlage auch Armutshaushalten zugute? Schollis Herr der Mäuse hatte kürzlich angekündigt, so die Last der Wirtschaft zu lindnern. Gehören die Armen auch zu denen, die an der Lindnerung teilhaben dürfen sollen? Eigentlich müssen sie es.

Zumindest würde es die Ausführung eines gesellschaftlichen Reparaturauftrages bedeuten, mit denen die „Ingenieure der Seele“ die handwerklichen Reparaturbrigaden der Regierungsbetriebe „in Land und Bund“ beauftragen.

In diesem Sinne

Schönes 2022 und viel Spass beim Lesen

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Baron von Feder: Doof bleibt doof

Die Bäcker-Olle aus Kieferneide dürfte seelig sein, falls sie diesen Beirag liest. Denn sie hat sich um eine Glosse „mit viel Biss, bitte“ beworben und ausdrücklich alles erlaubt. Die Olle ist die, bei der jemand, der vom Brötchenkauf erzählt, gleich gefragt wird, ob wieder die Doofe am Tresen stand.
Ja, eben. Die eine ist das. Früher wunkten wir bei Patzigkeit ab und sagten: DbddhkP. Da waren wir aber noch Kinder und meinten mit der Abkürzung den Spruch Doof bleibt Doof da helfen keine Pillen. Die hat mal eine Kerze auf den Tisch angezündet, obwohl ein Gast Zeitung lesen wollte beim Käffchen schlürfen und sagte: „Kerze muss an sein, Vorschrift“. Wat willste machen. Jetzt leistete sie sich ein Corona-Ding: Frage, ob Kaffee draußen gewünscht wird. Nette Antwort: Muss ja wohl, geht ja nicht anders. Anweisung: Impfausweis vorzeigen. Feststellung: Dritte Impfung war vor vier Wochen. „Raus oder ich ich hol das Ordnungsamt“ Gast bat um Höflichkeit. Die Olle darauf: „Wollen Sie mir etwa drohen“. „Gast: „Geben Sie mir einfach mein Wechselgeld und gut is“.

Wenn sowas solang an einem nagen kann, dann ist so eine Unhöflichkeit Körperverletzung. So, Genug derbleckt, wie man in Bayern sagen würde.

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FEUILLETON-RZENSION: „Freche Früchtchen“

FEUILLETON-REZENSION

Buchtitel: Früchtcchen
Autor(en) Ernst Volland (Bild), Achim Engstler (Text)
Verlag: Edition Frölich
Name des Rezensenten: Hannes Nagel

„Fruchtig freche Feixereien“

„Freche Früchtchen“ ist ein Buch
in das nit vollem Ernst und kluch
Ernst Volland ein paar Bilder machte,
die Achim Engstler dann mit Text bedachte.

Es sind Tomaten und Zitronen
die die Einfallsmühe lohnen,
die die beiden Herren hatten
gings ohne Schlemmerei vonstatten?

Der Einbandmann mit Knollennase
könnt seit neuester Rgierungphase
ein Pinnochio-Kanzler sein
dess Schwindelnase bleibet klein.

Auch das Alter wird geachtet
Wenn man die Paprika betrachet,
welche nicht ist frisch und knackig
sondern Trockenpflaumen-Nackig

Ich finde, diese Rezension
verdient sich ihre Versversion
ein breites Grinsen, diabolisch
statt verhuscht und nur symbolisch

Mag Euch stets zur Seite stehn
Ihr werds an diesem Büchel sehn

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TAGESBEMERKUNGEN Donnerstag, 02.12.2021 „Die Barrikaden von Netto“

Der Getränkegang bei Netto war verschanzt. Sie hatten die Zugänge aus allen Richtungen hermetisch abgeriegelt. Die Beleuchtung war gedimmt. Es war Donnerstag, der 02.12.2021 und nicht Sonntag, der 13. August 1961. Aber die Käste standen wie eine Mauer quer im Gang. Stacheldraht gabs nicht. Gutshaus-Pils, Säfte und Selters waren unerreichbar fern. Am Anfang Absperrmassnahme verkündete ein Schild, dass man sich in dringenden Fällen ans Personal wenden kann. Also wenn man Saft, Selter oder ein Gutshauspils für den Gutsherrn in sich wünschte. Das Schild hatten sie später durchgestrichen. „Es besteht Einsturzgefahr“, erklärte ein junger Mann von Netto, der aussieht, wie der korpulente Bruder seines Kollegen, der auch bei Netto tätig ist.

Die Gefahr ging von einem Wasserschaden zwischen Deckenverkleidung und oberer Dachkonstruktion aus. Dort verlaufen Rohre. Auf dem Fußboden von Netto waren noch Platzpfützen zu sehen.

Immerhin hatten sie ein Minimum an Getränkeversorgung in den Süßwarengang evakuiert. Das passt ja auch: Bei süßem oder salzigen Knabberkram bekommt man ja zuweilen noch mehr Durst als ohnehin schon. Es gab eigentlich nur den Nachteil, dass die teuren Biersorten erreichbar waren und das billige nicht. Stattdessen aber das Alkoholfreie, von dem bis dahin nicht einmal bekannt war, dass es bei Netto im Sortiment ist.

Weitere Sicherungsmaßnahmen war zum Wahrnehmungszeitraum nicht eingeleitet. Experten Personen, die beruflich mit Baukonstruktionen auch im bauausführenden Handwerksbereich zu tun haben meinten jedoch, die Decke könne auch komplett herunterfallen. Die Annahme, sie würde sich bei Loslösung auf den vorgesehenen Absperrbereich beschränken, erscheint wenig plausibel. Wenn es solches aber dennoch tut, dann hätte die Baukonstruktion vorbildlich mitgedacht. Das hätte man ihr nicht ohne Weiteres zugetraut.

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REDAKTIONSMITTEILUNGEN: Das Flugblatt für Dezember 2021 ist fertig

Liebe Leserinnen, liebe Leser, das Flugblatt für Dezember 2021 ist fertig. Im Vorwort haben Nickelbrille, Solotänzer und Miezerich Ihnen etwas zu sagen. Im Aproposia wurden wir durch einen Leser inspiriert, unsererseits die Leser zu bitten, ihre Lieblingslieder vorzustellen, um sie hier mit Text und Link auf ein Hörbeispiel darzustellen. Jut, wa?

Unsere Dezemberrezension versucht, ein Buch mit 24 Dystopien von Pessimisten in einen optimistiscchen ausblick umzuwandeln. Wer weiß, obs gelingt, aber eines scheint klar: Optimismus ist die kulturelle Überwindung des Pessimismus durch Denken.

Kulturell haben wir zwei Schwedinnen und zwei Schweden im Blatt, die derzeit genauso viel Furore machen wir zu den besten Zeiten ihrer Liveauftritte. Abba gern doch.

Baron von Feder sinniert darüber nach, wie es wäre, wenn er Wald-Feld-Wiesen-Journalist wäre, und sieht darin erstaunliche Vorteile für die Bewahrung von Schöpfung und Gesellschaft. In Onkel Jules Verneum wird darüber gesonnen, ob der Verzicht auf Papier nicht einfach bloß die Verlagerung eines Problems auf andere Ressourcen ist. Wie fast immer im Flugblatt endet das Sinnieren in einem deltaförmigen Wegweiser: Nicht einfach nur ein einziger Weg geradeaus, sondern mehrere Wege, die in einem Meer von Freiheit und Erleichterung münden. DONAUso ist das, jawoll.

Dem Monat Dezember und seiner Bedeutung im Jahreskreis versuchen wir dadurch gerecht zu werden, dass wir Advent und weihnachtliche Friedenswünsche wie ein wehendes Band durch alle in dieser Ausgabe veröffentlichten Texte gewebt zu haben hoffen. (Räusper). Besonders die Fotos von Baskenmütze sind tragende Grundstimmung der Friedlichkeit.

Zwei Gedichte sind auch wieder im Blatt: Eines bezieht sich auf die schlaflosen Fragen eines Menschen an den Vollmond, der in sein Schlafzimmer scheint, und das andre an die Wurzeln des Seins, welche die seienden Pflanzen stören, wenn sie sich von den Wurzeln trennen. (Verzeihung, mit Heidegger hat das nix zu tun).

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen des Dezember-Flugblattes.

Hannes Nagel

Und hier kommt das Flugblatt:

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Baron von Feder: „Zeitrisse“

Zeitrisse

Die Zeit ist mir zerrissen
Löcher sind darin
Verschwunden ist das Wissen
Verschwunden ist der Sinn

Der Sinn war wie ein Spanngrad
der Drähten Straffheit lieh
Wer zupfend an ihn ran trat
dem Klang ne Melodie

Das war das Lied des Lebens
das trotz Erniedrigung
trotz seelischen Erbebens
Stets einen Sinn-Kern trug

Ein jeder Mensch gewinne
seine Würde sich zurück
Dann stärken wieder Sinne
zerstörtes Seelenglück
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TAGESBEMERKUNGEN: Mehr als 100 Leute warten im Kalten auf Impfung

Wenn es 13 schlagen würde, sollte das Impfzentrum im Neustrelitzer Landeszentrum für Erneuerbare Energien öffnen. Wer um 12.Uhr 44 kam, konnte sich in einer Schlange von ca 80 Leuten einreihen. Alle zwei Minuten wuchs die Schlange mal um zwei, mal um drei Personen. Wann also war die Zahl von 100 wartenden Patienten erreicht?

Punkt 13 Uhr ging die Tür auf. Jeweils 4 Personen wurden reingelassen. Man kam also etwa mit einer Geschwindigkeit von zehn Schritten pro Minute voran. Die Kälte blieb zwar konstant, wirkte aber zunehmend, weil sich die Körper auskühlten. Teils waren die Witze der Wartenden grimmig. Einer der Witze hat mit Span und Spänen zu tun, weil zum Landzentrum die Bioheizanlage gehört, die mit gespahnten Holzabfällen arbeitet, zumeist aus dem Holz der Silberpappel.

Auf einem dreiblättrigen Fragebogen mussten Angaben ausgefüllt werden: Name, Telefon, E-mail, welchen Impfstoff man bisher hatte, ob man Blutverdünner nimmt, Allergien hat oder Ressentiments gegen Aufklärung und den Impfakt selbst. Eine Frage hieß: Wurden Sie bereits einaml geeimpft? Sagt man ja, wurde aber bereits zweimal geeimpft, wäre die Antwort falsch. Sagt man nein, würde sie als „Impfzahl Null“ mißverstanden. Man musste als schreiben: Weder ja noch nein, aber zweimal.

Nach zwei Stunden und 45 Minuten kam man aus der Kälte und der Warteschlange heraus und dürfte in einem Wartestuhlkreis SITZEN. Nach Stunden des Stehens eine leichte Annehmlichkeit. Im Behandlungszimmer ging alles sehr schnell. So schnell, das der Impfer seinen Namen nicht nennen konnte. Die bereits dreimal gemachten Angaben aus dem Fragebogen wurden noch einmal mündlich abgefragt.

Im Raum stand ein Tisch mit Getränken und Keksen, Auf Nachfrage hieß es, sie seinen nur für das Impfpersonal vorgesehen. Für Patienten gab es am Ausgang einen Glaskrug mit Wasser.

Nach Zwei Stunden und 50 Minuten war alles überstanden, aber die Schlange hatte an Länge dem Augenschein nach nichts eingebüßt.

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FEUILLETON-REZENSION: Macht und Wort

FEUILLETON-REZENSION

Buchtitel: Macht und Wort
Autor(en) Hans Jürgen Kugler, Rene Moreau (hrsg.)
Verlag: Hirnkost-Verlag
Name des Rezensenten: Hannes Nagel

„24 Pessimisten überbieten sich in Dystopien“

Man hätte gewarnt sein können. Die Erwartung eines kulturphilosophischen Fachbuches über Macht und Sprache sowie über die Macht der Sprache bei zunehmender sprachlicher Manipulation der Sprache im Interesser von Mächtigen erfüllt „Macht und Wort“ nicht. Aber das Buch Macht und Wort ist eine weitere Anthologie von Erzählungen aus den Hirnen von Autoren des Hirnkost-Verlages, die schon einmal versucht haben, durch den Nebel des Zeitgeschehens in die dahinter entstehende Zukunft zu blicken. Die erste Anthologie war der Versuch, das bis dato unerklärte Phänomen Corona zu erklären und bereits aus Vermutungen Aussagen über das Wesen der Lage ableiten zu können. Heraus kam vor zwei Jahren die Gewissheit, Corona stelle den Beginn einer Zeitenwende dar. Ein Jahr später sind Maßnahmen alltäglich geworden, die ihrerseits Fakten darstellen und daher rückblickend als Fakten benannt werden können, zum Beispiel Maskenpflicht und Impfen. Die sprachliche Beschreibung der Fakten weist wie immer auf die uralten Zusammenhänge zwischen Macht und sprachlicher Dressur der Machtlosen durch die Mächtigen hin. Für jetzt und immer und von Ewigkeit zu Ewigkeit? Et nunc et semper et in saecula saeculorum?
Zum Teil macht die neuerliche Sammlung von Erzählungen genau wieder diesen Eindruck. 24 Pessimisten blicken düster in die Zukunft. Sie sehen ein Ministerium für Synchronisation und Ordnung, welches erlaubte, geduldete und verbotene Formulierungen mittels künstlicher Intelligenz in die Köpfe von Sprachbenutzern pflanzt, Dadurch soll nur Erlaubtes gesagt werden und Vergangenes rückwirkend stillschweigend korrigiert werden. Und dabei ist die erste Geschichte noch beinahe lustig, weil der Tonfall so schnoddrig ist wie in dem Krimi „Das verbotene Zimmer“ von Fred Unger, schon verdammt lang her.
Für eine Steigerung der Finsternisleistung der wetteifernden Autoren spricht die Erzählung mit den „Sprachkorrektiven“ auf Seite 44. („Scissors 4.0“) Scissor wie Schere, Schere im Kopf, willig beflissener eilfertiger Diener des Zensors, nützlicher Idiot, ohne den keine Zensur funktioniert, wie jede Macht nur durch Mit-Machen funktioniert. Sonst gäbe es ja Freiheit. Wo kommt man denn da hin, mit Freiheit. Nicht auszudenken sowas.1 In dieser Erzählung taucht der Begriff „Betreutes Denken“ auf. Hilfreiche Tutoren halten Adepten auf Linie. Da rufen die Schatten der Vergangenheit aus dem Körbchen, in das sie erst kürzlich huschten: „Anleitung der Nomenklaturkader“, „Handelspolitische Schulung“, „psychologische Schulung für Sachgebietsleiter“. Dazu passt die Erzählung „Die Machtvollen“. Die Mächtigen haben immer die gleichen Werkzeuge, um Störungen an ihrer Macht zu reparieren. Da sind aber die Ohnmächtigen beträchtlich mitschuldig. Denn viele von ihnen fühlen einen wohlig-gruseligen Schauer, wenn die Macht agiert, aber man selbst nur Zuschauer ist. Die Macht muss also große sein, damit die Angst sich bestätigt fühlen kann. („Was haben Sie denn? Mit uns kann man doch über alles Reden?“ – Man kann über alles reden, nur nicht über andere Menschen. Denn der größte Schuft im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant)

Auf Seite 29 findet man dann noch einen Satz, der als mögliche Auswirkung der Sprachkontrolle auf die Bildung und Kultur gelten könnte:

„Das Reden hatten ihm seine Eltern gelernt“

Das muss man selbst im Falle eines zufälligen Druckfehlers gelten lassen. So ein Satz entlarvt alles, selbst wenn es eine „Kollateralentlarvung“ ist. Denn wenn Grammatik Sprachkunst ist und Kunst Kultur, dann ist Gendern eine Sprache von Banausen und Social Media nur ein Slangamisieren der dazugehörigen Gruppen, aber Sprachgefühl und Eleganz sollen weiterhin Bildungsausdruck bleiben. Denn auch Optimismus ist zum Teil die kulturelle Überwindung des Pessimismus.


1 Haben Sie die kunstvolle Satirefertigkeit in der Passage über Macht, Zensur und Scheren bemerkt? Wenn nicht, schauen Sie bitte noch mal, die Passage ist es wert.

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BARON VON FEDER: „Vollmond“

„Vollmond“

Der Vollmond kuckt übern Dachfirst hervor
und beschaut sich die sittliche Lage
und manchmal linst jemand zu ihm empor
der hat an den Vollmond ne Frage:

„Lieber Mond Du hast gesehn
in Deinen vollen Stadien
das Maß von jeglichem Geschehn
die Weite und die Radien

Du weißt , was welche Kreise zog
und weißt auch, was egal ist.
Wenn Dich noch nie Dein Scharfsinn trog,
Sag, ob Du Dir dann klar bist

das eine völlig neue Zeit
sogar für Dich grad anbricht?“
„Mich gibts zwar schon ne Ewigkeit,
Doch Neues gibts doch gar nicht.“ 

So sprach der Mond und lächelt mild.
Der Mensch würd gerne pennen
jedoch sein Herz pocht laut und wild
es will die Zeit erkennen.
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